Der Wert eines Patents definiert sich u.a. über seinen Schutzbereich. Patentanmelder sind folglich bestrebt Anspruchsformulierungen zu finden, die einen breitestmöglichen Schutz der Erfindung erlauben, auch wenn diese Formulierungen häufig erst auf den zweiten Blick und unter Berücksichtigung der Beschreibung zu verstehen sind. Bei solchen Ansprüchen ist eine Auseinandersetzung des Anmelders mit der Patenterteilungsbehörde über die Frage, ob der Anspruchswortlaut hinreichend klar und deutlich formuliert ist, häufig vorprogrammiert. Ein gern genutzter Hebel der Prüfungsabteilungen des Europäischen Patentamts (EPA) , den Anmelder zu einer alternativen Anspruchsformulierung zu bewegen, ist die Bestimmung von Artikel 84 des Europäischen Patenübereinkommens (EPÜ), wie nachfolgend zitiert: „Die Patentansprüche müssen den Gegenstand angeben, für den Schutz begehrt wird. Sie müssen deutlich und knapp gefasst sein und von der Beschreibung gestützt werden.“ Trägt der Anmelder der Beanstandung der Prüfungsabteilung des EPA unter Artikel 84 EPÜ nicht Rechnung, so muss er mit der Zurückweisung seiner Anmeldung rechnen. Im Unterschied zum EPÜ fehlt es dem deutschen Patentgesetz an einer solchen Rechtsgrundlage für eine Zurückweisung einer (deutschen) Patentanmeldung. Bestrebungen deutscher Prüfungsstellen analog dem Europäischen Patentamt Patentanmeldungen wegen angeblich unklarer und undeutlicher Anspruchsformulierungen zurückzuweisen, hat das Bundespatentgericht (BPatG) in einer gerade publizierten Entscheidung unter Verweis auf die mangelnde Rechtsgrundlage als rechtswidrig zurückgewiesen (BPatG, Beschl. v. 15.12.2014 – 11 W (pat) 32/13). Der Technische Beschwerdesenat ließ es sich in seinem Beschluss nicht nehmen, die Prüfungsstellen auf ihre eigentlichen Aufgaben hinzuweisen, wie nachfolgend zitiert: „Der Senat hält es nicht gerechtfertigt, die Bestimmungen über die Fassung von Patentansprüchen, die sich in der verwaltungs- und verfahrensrechtlichen Praxis als zufriedenstellend und gut handhabbar erwiesen haben, zu Lasten des Anmelders mit weiteren, aus dem europäischen Patentrecht übernommenen Anforderungen zu erweitern, um Prüfungsstellen ihre Aufgaben zu erleichtern.“ Unter Verweis auf vorgenannte Entscheidung sollte es Patentanmeldern beim Deutschen Patentamt somit in Zukunft leichter fallen, sich einer von der Prüfungsstelle aufgedrängten Beanstandung wegen angeblich unklarer bzw. nicht deutlich genug formulierten Ansprüchen zu entziehen.