Nach dem in Deutschland und Europa gültigen „First-To-File“-Prinzip können Patentanmeldungen auch von anderen Personen als dem Erfinder selbst eingereicht werden. Allerdings muss der Anmelder seine Berechtigung vom Erfinder ableiten, etwa durch Vertrag mit dem Erfinder von diesem das „Recht auf das Patent“ erworben haben. Wird eine Patentanmeldung ohne eine solche Berechtigung eingereicht, kann sie oder ein darauf erteiltes Patent vom Berechtigten im Wege der „Vindikationsklage“ herausgeklagt werden.

Normalerweise lösen sich derlei Streitigkeiten regelmäßig in Wohlgefallen auf, wenn sich die angemeldete Erfindung nicht als schutzfähig erweist, wenn etwa das Patentamt die Erteilung versagt oder ein Widerruf im Einspruchsverfahren erfolgt. Die nicht schützbare Erfindung lässt sich kaum als werthaltiger Vermögensgegenstand ansehen, so dass sie als Objekt der rechtlichen Begierde wenig taugt.

In seiner Entscheidung „Steuervorrichtung“ (Urt. v. 18.5.2010 – X ZR 79/07) hat der BGH allerdings darauf hingewiesen, dass auch in solchen Fällen finanzielle Ausgleichsansprüche bestehen können, und zwar dann, wenn der nichtberechtigte Anmelder seine Anmeldung faktisch auswertet. Zwar liege dann kein Eingriff in ein absolut geschütztes Recht (wie z. B. Eigentum oder rechtsbeständige Schutzrechte) vor, wohl aber in eine „über eine bloße Chance hinausgehende vermögensrechtlich nutzbare Position“. Diese genieße durch das Bereicherungsrecht, namentlich den Tatbestand der „Eingriffskondiktion“ (§ 812 BGB), einen gewissen rechtlichen Schutz. Sind beispielsweise für die unberechtigte Patentanmeldung oder das später widerrufene Patent Lizenzeinnahmen erzielt worden, so seien diese an den Erfinder herauszugeben. Für eigene Verwertungshandlungen habe der unberechtigte Anmelder Wertersatz zu leisten, wofür eine fiktive Lizenzgebühr in Betracht kommt. Der Anmelder könne zwar einwenden, er habe die Vorzugsstellung durch die Anmeldung gar nicht nutzen können, weil seine Konkurrenz den vermeintlichen Schutz ohnehin nicht beachtete. Dafür trage er aber die Darlegungs- und Beweislast.

Die Entscheidung erging zu einem Fall aus dem Arbeitnehmererfinderrecht, wo solche Konstellationen im Zuge der „Haftetikett“-Entscheidung des BGH häufiger anzutreffen waren (Beitrag v. 27.6.2006), was sich allerdings durch eine Gesetzesänderung vor rund einem Jahr etwas entschärft hat (Beitrag v. 1.10.2009). Jedoch wird die Entscheidung auch künftig sehr relevant für Streitigkeiten um Anmeldungen sein, die aus Entwicklungskooperationen zwischen Unternehmen hervorgehen und für die die Anmeldeberechtigung nicht eindeutig geklärt wurde. Mehr denn je sind gerade hierfür klare vertragliche Regelungen gefragt.