Der Schutzbereich eines Patents lässt sich unter dem Gesichtspunkt der äquivalenten Patentverletzung nicht auf Ausführungsformen erstrecken, die zwar in der Patentschrift offenbart, aber nicht vom Patentanspruch erfasst sind. Es ist dann ein sog. „Verzichtssachverhalt“ anzunehmen, d.h. aufgrund der Offenbarung ist davon auszugehen, dass der Patentanmelder die fraglichen Ausführungsformen erkannt hat, aber – aus welchen Gründen auch immer – nicht hat beanspruchen wollen (s. Beitrag v. 19. März 2014).
In seinem Urteil „Pemetrexed“ vom 14. Juni 2016 (Az.: X ZR 29/15) hat der BGH seine Rechtsprechung zu solchen Verzichtssachverhalten konkretisiert.
Danach ist diese Rechtsfigur ohne weiteres nur dann einschlägig, wenn das Patent mehrere konkrete Ausführungsformen offenbart, von denen nicht alle von den Patentansprüchen erfasst sind. Davon zu unterscheiden sind Fälle, in denen nur eine konkrete Ausführungsform (z.B. eine chemische Verbindung) offenbart und beansprucht ist, das Patent aber auch einen allgemeineren Gegenstand (z.B. eine Gattung chemischer Verbindungen) offenbart und auch erkennen lässt, dass bereits dieser allgemeinere Gegenstand zur Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems geeignet ist.
In letzterem Fall soll im Wege der Einzelfallprüfung zu untersuchen sein, ob die Patentschrift erkennen lässt, dass eine Auswahlentscheidung zugunsten der beanspruchten Ausführungsform getroffen wurde. Namentlich kann das dann der Fall sein, wenn dieser Ausführungsform nach der Beschreibung besondere Eigenschaften zukommen, die für die Verwirklichung der erfindungsgemäßen Funktion von Bedeutung ist.
Ferner hielt es der BGH für denkbar, dass sich ein Verzichtssachverhalt aus der Erteilungsakte ergeben könnte. Voraussetzung sei dann aber, dass eine Anspruchseinschränkung zwecks Herstellung der Patentfähigkeit vorgenommen wurde. Im Streitfall ging der BGH davon aus, dass die in Rede stehende Anspruchsänderung lediglich aus formellen Gründen veranlasst war, so dass er die Erheblichkeit der Erteilungsakte letztlich offen ließ.