Dass vom Gericht bestellte Sachverständige nicht anders als Richter zur Neutralität verpflichtet sind, ist selbstverständlich. Wie bei Richtern sieht die Zivilprozessordnung die Möglichkeit eines Ablehnungsgesuchs wegen Besorgnis der Befangenheit vor (§ 406 ZPO). Schon um ein Taktieren mit solchen Gesuchen zu verhindern, sind die von der Rechtsprechung an solche Anträge gestellten Anforderungen traditionell hoch.
Dies gilt auch im patentrechtlichen Nichtigkeitsverfahren, wo § 406 ZPO ebenfalls Anwendung findet (BGH, Beschl. v. 15.4.1975 – X ZR 52/75 – Schulterpolster; BGH, Beschl. v. 6.2.2002 – X ZR 148/03). So genügt es beispielsweise nicht ohne weiteres, wenn ein Gutachter auf demselben technischen Gebiet wie die Prozessparteien als Erfinder aktiv ist und als solcher in Patentanmeldungen eines dritten Konkurrenten auftaucht (BGH, Beschl. v. 4.12.2001 – X ZR 199/00 – Sachverständigenablehnung).
Eigene Patentaktivitäten des Sachverständigen bringen aber typischerweise Kontakte zu Anwälten mit sich. Wenn diese dann Parteiinteressen in einem Prozess wahrnehmen, in dem der Sachverständige bestellt wurde, stellt sich die Frage nach den Konsequenzen für einen Befangenheitsantrag. In einem Beschluss vom 24. Juli 2007 (Az.: X ZR 1/06) nahm der für Patentsachen zuständige X. Zivilsenat des BGH eine Differenzierung vor: Dass die prozessbevollmächtigten Patentanwälte einer Partei vor sieben Jahren in anderer Kanzlei für den gerichtlichen Sachverständigen tätig waren, sah der Senat nicht als ausreichend an. Dass aber der frühere Leiter der Patentabteilung derselben Partei nach seiner Pensionierung noch für diese tätig ist, es früher langjährig auch für den Sachverständigen war und die Patentanwaltskanzlei, der er heute angehört, ebenfalls von diesem Gutachter mandatiert wird, ließ der BGH durchgreifen.
Wer in sich in einer Patentsache einem möglicherweise befangenen Gerichtsgutachter gegenübersieht, wird also recht genau abzuwägen haben, ob die vorhandenen Anhaltspunkte ausreichen. Die Entscheidung ist schnell zu treffen, denn im Grundsatz muss ein Ablehnungsgesuch unverzüglich, spätestens zwei Wochen nach Ernennung des Sachverständigen gestellt werden (§ 406 Abs. 2 ZPO).
Eine mangelnde Sachkunde genügt allerdings grundsätzlich nicht als Ablehnungsgrund (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 27.2.1980 – 1 WF 234/79), ebenso wenig ein fehlerhaftes Gutachten (OLG München, Beschl. v. 20.3.1980 – 25 W 920/80). In diesen Fällen empfiehlt sich eine Einbestellung des Gutachters zum nächsten Termin, um ihn befragen zu können (hierzu unser Beitrag vom 28. Juni 2007). Schließlich kann die Bestellung eines Obergutachters beantragt werden (§ 412 ZPO).