Der Durchsetzung von Patenten können kartellrechtlich Grenzen gesetzt sein. Solche Fälle sind selten, da Beschränkungen der Ausschließlichkeitsrechte, die Patente ihrer Natur nach gewähren sollen, nur unter außergewöhnlichen Umständen gerechtfertigt sind. Es ist jedoch eine Zunahme solcher Fallkonstellationen zu beobachten, insbesondere wenn der Patentschutz Normierungen oder Schnittstellendefinitionen erfasst. Stellt sich in solchen Fällen die Geltendmachung des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs etwa als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar, so kann der in Anspruch genommene Patentbenutzer eine kartellrechtliche Zwanglizenz verlangen. Der Patentinhaber verliert hierdurch zwar sein Monopol, weil er Drittbenutzungen des Patentgegenstandes dulden muss. Er ist jedoch nicht gänzlich rechtlos gestellt, weil ihm als Entgelt Lizenzgebühren zustehen. Dieser kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand gem. Art. 82 EG oder §§ 19, 20 GWB ist unabhängig von den Voraussetzungen der patentrechtlichen Zwangslizenz (§ 24 PatG), also insbesondere Berührung des öffentlichen Interesses oder Vorliegen einer abhängigen Erfindung.

Der Kartellsenat des BGH hat in seiner Entscheidung „Orange-Book-Standard“ vom 6. Mai 2009 (Az.: KZR 39/06) dazu Stellung genommen, wie der Patentbenutzer diesen Kartellrechtseinwand geltend machen kann:

  • Zunächst einmal ist es nicht erforderlich, dass er von sich aus ein Kartellverfahren beim Kartellamt oder vor Gericht einleitet. Es kann eine Patentverletzungsklage abgewartet werden, gegen die der Einwand dann zur Verteidigung vorgebracht wird.
  • Allerdings muss der Patentbenutzer dem Patentinhaber zuvor ein annahmefähiges Vertragsangebot für einen Lizenzvertrag unterbreitet haben. Das Angebot muss also ausformuliert und rechtlich bindend sein. Welchen inhaltlichen Anforderungen das Angebot zu genügen hat, lässt der BGH weit gehend offen. Doch weist er zur Höhe der Lizenzgebühr darauf hin, dass sie offen gelassen werden kann, wenn dem Patentinhaber die Bestimmung der Höhe nach billigem Ermessen überlassen wird (unter Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung auf Unbilligkeit, § 315 BGB).
  • Darüber hinaus muss der Patentbenutzer den angebotenen Vertrag auch bereits dann erfüllen, wenn ihn der Patentinhaber noch nicht angenommen hat, also insbesondere die Lizenzgebühren abrechnen und ggf. hinterlegen. Ist die Höhe der Lizenzgebühren im Vertragsangebot offen gelassen worden, sind jedenfalls ausreichende Mindestbeträge zu hinterlegen.

Die letztgenannte Bedingung klingt etwas ungewöhnlich, ist aber sinnvoll, damit der Patentinhaber nicht das Insolvenzrisiko des Patentbenutzers trägt. Außerdem bestünde sonst für jeden Patentbenutzer ein Anreiz, es auf einen Verletzungsprozess ankommen zu lassen.

Wer sich also gegenüber einem Patent mit einem Kartellrechtseinwand verteidigen will, muss nicht aktiv ein Verfahren anstrengen, darf aber auch nicht völlig inaktiv bleiben.