Seinem Urteil „Zerkleinerungsvorrichtung“ (Urt. v. 25.9.2007 – X ZR 60/06, dazu Beitrag v. 2.11.2007) hat der BGH mit seinem Beschluss vom 30. Januar 2008 noch ein kleines Kapitel hinzugefügt:
Im Betragsverfahren um Schadensersatz aufgrund einer Schutzrechtsverletzung erhielt die Klägerin während des Berufungsverfahrens Hinweise, dass der Verletzergewinn der Beklagten möglicherweise nicht bei lediglich 125.000 €, sondern bei 400.000 € liegt. Dementsprechend beanspruchte sie einen entsprechend höheren Schadensersatzbetrag. Die Beklagte bremste sie jedoch aus, indem sie durch Rücknahme ihres Rechtsmittels das ursprüngliche Urteil über den niedrigeren Betrag rechtkräftig werden ließ.
Die Klägerin stützte sich nun auf einen anderen Klagegrund, also nicht mehr auf die Schutzrechtsverletzung, sondern darauf, dass die Beklagte ursprünglich wissentlich eine Falschauskunft erteilt hatte, um den Klageanspruch zu verkürzen („vorsätzliche sittenwidrige Schädigung“, § 826 BGB). Diese Begründung hatte sie in der Tat auch in den Vorinstanzen geltend gemacht. Unter Hinweis darauf legte sie Gehörsrüge gegen das Prozessurteil vom 25. September 2007 ein.
Erneut scheiterte die Klägerin an einem prozessualen Hindernis: Der BGH als Revisionsgericht konnte ihr Vorbringen zur Falschauskunft nicht berücksichtigen, weil es weder im Urteil des Berufungsgerichts noch in dessen Sitzungsprotokoll erwähnt war (§ 559 ZPO). Parteivorbringen, das zwar mündlich oder per Schriftsatz vorgetragen ist, aber keinen Eingang ins Berufungsurteil oder das Protokoll gefunden hat, fällt also unter den Tisch. Der BGH sah sich also außer Stande, der Klägerin weiter zu helfen.
Die Klägerin war dem Vorgehen der Gerichte aber nicht hilflos ausgeliefert. Sie hätte sich in ihrer Revisionserwiderung mit einer Gegenrüge gegen die Auslassung durch das Berufungsgericht wehren können (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) ZPO). Auslassungen in einem Urteil können auch im Wege eines Tatbestandsberichtigungsantrags behoben werden, der binnen Zweiwochenfrist ab Zustellung des begründeten Urteils zu stellen ist (§ 320 ZPO). Selbst wenn diesem Antrag nicht stattgegeben wird, ist die höhere Instanz u.U. nicht mehr an die Feststellungen im Urteil gebunden (vgl. BGH, Beschl. v. 10.1.2008 – V ZR 81/07).