Duldet ein Schutzrechtsinhaber die Verletzung seines Schutzrechts über mehrere Jahre hinweg, so können sowohl seine Ersatzansprüche (Schadensersatzanspruch, begleitender Auskunftsanspruch u.a.) als auch seine Abwehransprüche (Unterlassungsanspruch, Beseitigungsanspruch u.a.) durch Verwirkung erlöschen. Der Verletzer kann dann die geduldeten Handlungen weiterhin ungehindert fortsetzen. Ab wann eine solche Verwirkung eintritt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Regelmäßig verlangt die Rechtsprechung für den allgemeinen Verwirkungseinwand nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) neben einem gewissen Zeitablauf („Zeitmoment“) das Vorliegen bestimmter Umstände („Umstandsmoment“), die eine Anspruchsverwirkung gerechtfertigt erscheinen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1993 – I ZR 187/91 – KOWOG; BGH, Urt. v. 19.12.2000 – X ZR 150/98 – Temperaturwächter; BGH, Urt. v. 7.11.2002 – I ZR 276/99 – Klosterbrauerei).

Ist Verwirkung eingetreten, stellt sich in der Praxis oft die Frage, wie weit der Einwand reicht. Insbesondere ist stets fraglich, ob auch geänderte Benutzungsformen oder Benutzungshandlungen durch den Verletzer gedeckt sind. Besonders in kennzeichenrechtlichen Streitfällen stellt sich häufig die Frage, ob der Verletzer sein Zeichen ändern oder in anderer Weise als bisher benutzen darf.

Die Rechtsprechung sprach zwar bisher immer davon, dass der Verwirkung keine Ausdehnung der Benutzung „über den status quo hinaus“ (OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.7.2002 – 6 U 9/02 – Intel). Tatsächlich wurden die Fälle zuweilen aber eher pragmatisch bis großzügig gehandhabt. So ließ beispielsweise das LG Berlin den Verwirkungseinwand für alle Zeichen eingreifen, die wegen ihres Bestandteils „Haller“ mit der älteren Marke „Heller“ verwechselbar waren (Urt. v. 2.6.1956 – 16 O 105/54).

Das sieht der BGH nun sehr viel strenger. In seinem jetzigen Fall war ursprünglich die Firmierung „HAITEC Gesellschaft für Entwicklung und Vertrieb EDV-gestützter Lösungen mbH“ aufgrund älterer Rechte an dem Unterehmenskennzeichen „HEITEC“ angegriffen worden. Nachdem der Inhaber der älteren Rechte sich jahrelang nicht rührte, trat Verwirkung in Bezug auf die genannte Firmierung ein. Als jedoch die Beklagte in „HAITEC Aktiengesellschaft“ umfirmierte, ließ zwar noch das OLG Frankfurt am Main, nicht aber mehr der BGH den Verwirkungseinwand greifen. Der BGH stellte klar, dass der Verwirkungseinwand nur „geringfügige Abweichungen“ decke, „sofern diese dem verletzten Kennzeichen nicht näherkommen“. Konkret bedeute dies, dass in Firmierungen auch beschreibende, das Zeichen insgesamt nicht prägende Bestandteile nicht weggelassen werden dürfen (Urt. v. 14.2.2008 – I ZR 162/05).

Für die künftige Praxis bedeutet das, dass sich jede Partei, die einmal in den Genuss einer Verwirkung gekommen ist, bei Änderung ihrer Benutzungsform sehr genau überlegen muss, ob die Verwirkung dann noch greift. Fraglich bleibt, ob der BGH seine Entscheidung auch als wegweisend für Fälle verstanden wissen will, in denen es um eine Ausdehnung der Benutzungsweise geht (z.B. Anbringung des Zeichens auf Lastwagen, was BGH, Urt. v. 30.1.1963 – Ib ZR 118/61 – Bleiarbeiter noch als gedeckt ansah).