Gerätehersteller sehen sich häufig gezwungen, ihre hohen Entwicklungskosten mit dem Geschäft mit Verbrauchsmaterialien für die Geräte zu decken. Die Geräte werden dann zu extrem niedrigen Preisen, teilweise sogar unter Einstandspreis, in großem auf den Markt gebracht, um ein entsprechendes Nachfragevolumen für die kompatiblen Verbrauchsmaterialien zu erzeugen. Letztere werden dann zu vergleichsweise hohen Preisen abgegeben, so dass das Geschäftsmodell insgesamt profitabel zu werden verspricht.
Allerdings ruft dieses Gebaren in aller Regel Wettbewerber auf den Plan, die wittern, dass mit kompatiblen Verbrauchsmaterialien, auch wenn sie preislich spürbar unter den OEM-Produkten liegen, immer noch lukrative Gewinnspannen zu erzielen sind. Der Gesetzgeber wünscht sich diesen Wettbewerb. Deshalb hat er in den zurückliegenden Jahren eine Reihe von Vorschriften erlassen, die ihn fördern. So ist es markenrechtlich grundsätzlich zulässig die Kennzeichen des Geräteherstellers zu benutzen, um in der Werbung auf die Kompatibilität der Verbrauchsmaterialien mit dem jeweiligen Gerät hinzuweisen (Art. 12 der Gemeinschaftsmarkenverordnung, § 23 des Markengesetzes). Sofern die Bedingungen für eine lautere vergleichende Werbung (§ 6 UWG) eingehalten sind, darf grundsätzlich auf die „funktionale Gleichwertigkeit“ der eigenen Verbrauchsmaterialien mit den Originalprodukten behauptet werden (EuGH, Urt. v. 25.10.2001 – C 112/99 – Toshiba/Katun; Urt. v. 23.2.2006 – C 59/06 – Siemens/VIPA). Eine pauschalierende Formulierung mit „A ersetzt B“ wurde im Grundsatz gebilligt (BGH, Urt. v. 2.10.2002 – I ZR 90/00 – Ersetzt). Auch im Rahmen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes (§ 4 Nr. 9 UWG) werden Kompatibilitätsinteressen von Nachahmern mittlerweile geschützt. So sind Herkunftsverwechslungen dort, wo sie auf technischen Gestaltungsmerkmalen beruhen, die zur Herstellung von Kompatibilität erforderlich sind, grundsätzlich als unvermeidbar anzusehen (BGH, Urt. v. 8.12.1999 – I ZR 101/97 – Modulgerüst; OLG Köln, Urt. v. 17.3.2006 – 6 U 158/05 – Arbeitselement für Resektoskopie), müssen also regelmäßig hingenommen werden. Damit geht einher, dass ein Geschmacksmusterschutz für die mechanische Ausgestaltung von Schnittstellen ausgeschlossen ist (Art. 8 der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung, § 3 des Geschmacksmustergesetzes; s.a. den zweiten Absatz von § 69a des Urheberrechtsgesetzes zur Schutzeinschränkung für Software im Bereich der Schnittstellen).
Die letzte Bastion, die der gewerbliche Rechtsschutz Geräteherstellern bieten kann, liegt daher im Patent- und Gebrauchsmusterrecht. Nun sind Verbrauchsmaterialien aber in aller Regel vergleichsweise einfache Produkte, für die schutzwürdige Erfindungen nicht eben täglich gemacht werden. Der Fokus der Patentrechtler richtet sich daher meist auf die Kombination von Gerät und Verbrauchsgegenstand, also z.B. Drucker mit Druckerpatrone o. dgl. Zwar können die Konkurrenten, die ausschließlich Verbrauchsmaterialien anbieten, nicht mit einem Patentanspruch auf die Kombination mit dem Gerät wegen unmittelbarer Patentverletzung belangt werden. Neben dem Tatbestand der unmittelbaren Patentverletzung in § 9 kennt das Patentgesetz (PatG) aber auch den der mittelbaren Patentverletzung (§ 10 PatG; für Gebrauchsmuster s. den zweiten Absatz von § 11 des Gebrauchsmustergesetzes). Gestützt darauf lässt sich im Grundsatz auch die Vermarktung von Verbrauchsmaterialien patent- oder gebrauchsmusterrechtlich angreifen.
Solchen Strategien hat der BGH aber nun einen Dämpfer erteilt. Er hatte es mit einem Fall zu tun, bei dem der Inhaber eines Patents auf ein Pipettensystem bestehend aus Gehäuse und auswechselbarer Spritze einen Anbieter kompatibler Spritzen verklagt hatte. Letzterer berief sich darauf, dass die Kunden bereits ein Pipettensystem vom Patentinhaber und damit die Berechtigung zur Nutzung des Systems erworben hätten. Sie seien daher zur Benutzung der Erfindung an den erstandenen Geräten berechtigt (patentrechtliche Erschöpfung, s. BGH, Urt. v. 14.12.1999 – X ZR 61/98 – Karate). Daher fehle es an der Voraussetzung für eine mittelbare Patentverletzung fehle, dass die Lieferung an einen Nichtberechtigten erfolgt. Anders als die Vorinstanz OLG Düsseldorf ließ der BGH diesen Einwand gelten (Urt. v. 27.2.2007 – X ZR 38/06 – Pipettensystem). Im Rahmen einer Abwägung sei zu prüfen, ob die erfindungsgemäßen Wirkungen am angegriffenen Gegenstand in Erscheinung treten. Dies verneinte der BGH im konkreten Fall, weil sich die Erfindung an einer speziellen Ausgestaltung der Greifarme für die Spritzen manifestierte, die aber nach dem Patentanspruch nicht der Spritze, sondern dem Gehäuse zugeordnet waren. Der BGH zog ausdrücklich eine Parallele zu seiner Rechtsprechung zur mittelbaren Patentverletzung durch den Vertrieb von Verschleißteilen, wo es ebenfalls nach einem funktionellen Zusammenhang zwischen Erfindung und dem angegriffenen Gegenstand zu fragen sei (bejaht in BGH, Urt. v. 4.5.2004 – X ZR 48/03 – Flügelradzähler; verneint in BGH, Urt. v. 3.5.2006 – X ZR 45/05 – Laufkranz).
Insgesamt setzt sich damit der oben geschilderte Trend zugunsten der reinen Anbieter von Verbrauchsmaterialien auch im Patent- und Gebrauchsmusterrecht fort. Patent- und Gebrauchsmusterschutz für OEM-Artikel ist fortan nur noch dort durchsetzbar, wo sich die Erfindung gerade auch auf das Austauschteil bezieht (wobei der Praktiker in diesen Fällen einen eigenständigen Hauptanspruch, notfalls auch ein eigenes Schutzrecht, für das Austauschteil allein ins Auge fassen sollte). Der Motivation der Gerätehersteller, über den Verkauf des Massenprodukts die Investitionen für die Geräteentwicklung wieder herein holen zu wollen, erteilte der BGH eine klare Absage. Dieses Interesse bezeichnete er als „nicht schützenswert“, womit er den vom Gesetzgeber bei den anderen Schutzrechten vorgezeichneten Linien folgte.