Ein Patent ist wirkungslos gegenüber demjenigen, der die betreffende Erfindung vor dem Anmelde- bzw. Prioritätstag des Patents bereits benutzt hatte (sog. „Vorbenutzungsrecht“, s.a. Beitrag v. 6.8.2012 sowie zum Designrecht v. 7.12.2017). Ohne weiteres gilt dies allerdings nur für Ausführungsformen, die schon Gegenstand der Benutzung vor dem Stichtag waren. Wie mit späteren Abwandlungen umzugehen ist, ist nicht abschließend geklärt.
Mit dieser Frage befasst sich die aktuelle BGH-Entscheidung „Schutzverkleidung“ (Urt. v. 14.5.2019 – X ZR 95/18). Danach bleibt ein Patent wirkungslos gegenüber Abwandlungen, die selbstverständlich sind oder aber im Patent zwar offenbart, aber darin nicht besonders vorteilhaft, sondern nur als gleichwertige Alternative zu der vorbenutzten Ausführung dargestellt sind. Hingegen kann der Patentschutz gegenüber solchen Abwandlungen greifen, die wegen eines Vorteils in der Beschreibung oder einem Unteranspruch hervorgehoben sind.
Das deutet daraufhin, dass Patentanmelder bei der Abfassung von Patentbeschreibungen beeinflussen können, inwieweit sie solche Vorbenutzungsrechte ausschalten können: Je mehr Ausführungsformen offenbart und ihre Vorteile gegenüber dem Gegenstand des Hauptanspruchs (oder der Gegenstände der Hauptansprüche) ausdrücklich benannt werden, desto wirksamer der Schutz.
In dem Urteil wird auch klargestellt, dass jemand, der den Patentgegenstand nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar benutzt hatte, gleichwohl ein Vorbenutzungsrecht erwerben kann, wenn seine Handlungen mit Sicherheit auf eine unmittelbare Benutzung hinauslaufen. Namentlich bei einem Zulieferer von Einzelteilen kann dies der Fall sein, wenn sich diese Einzelteile sinnvoll nur durch Zusammenfügung zu einem patentgemäßen Gegenstand nutzen lassen.