Anhand eines Falls, bei dem ein Unternehmen einen Handel mit Eintrittskarten von Vereinen der Fußball-Bundesliga betrieb, hatte der BGH sich zu verschiedenen Aspekten des Einbruchs in fremde Vertriebssysteme zu äußern. Der klagende Bundesligaverein hatte seine Tickets selbst vertrieben und sich in seinen AGB eine ausschließlich private Nutzung durch die Erwerber ausbedungen (Direktvertrieb). Der beklagte Händler bot im Internet sowohl direkt vom Kläger als auch anderweitig bezogene Karten an.

Der BGH urteilte differenzierend (Urt. v. 11.9.2008 – I ZR 74/06 – bundesligakarten.de):

  • Die direkt vom Verein bezogenen Tickets durfte der Beklagte nicht weiterverkaufen. Insoweit lag eine unlautere Behinderung des Direktvertriebssystems des Klägers vor (§ 4 Nr. 10 UWG). Dieser wurde beim Erwerb über die kommerziellen Absichten des Händlers getäuscht, was sich unter den obwaltenden Umständen als unzulässiger Schleichbezug darstellte.
  • Hingegen war der Weiterverkauf anderweitig bezogener Karten unter den Umständen des Falls nicht unzulässig. Das ganz allgemeine Angebot zum Ankauf von Einkaufskarten im Internet qualifizierte der BGH noch nicht als unlauteres „Verleiten zum Vertragsbruch“, da die Einwirkung auf die Kartenbesitzer nicht konkret genug war.
  • Der BGH verneinte aber auch ein unlauteres „Ausnutzen fremden Vertragsbruchs“, nämlich des der Ticketbesitzer, die die Tickets entgegen den AGB des Klägers dem beklagten Händler überließen. Hierbei nahm das Gericht eine umfassende Gesamtwürdigung vor, innerhalb derer er das klägerische Argument verwarf, Sicherheitsinteressen seien durch den unautorisierten Weiterverkauf berührt. Der BGH verwies darauf, dass es der Kläger selbst in der Hand habe, Sicherheitsaspekten durch personenbezogenen Verkauf und entsprechende Eingangskontrollen Rechnung zu tragen.

Letzterer Punkt ist besonders bemerkenswert, denn das ganze Geschäftsmodell des beklagten Unternehmens fußte ja darauf, dass die Karteninhaber sich über die AGB des Klägers hinwegsetzen. Insgesamt wird aus dem Urteil deutlich, dass Vertriebssysteme zwar weiterhin nach dem UWG geschützt sein können, dass aber es aber im Einzelfall auf eine eingehende Interessenabwägung ankommt.