Auf seinem Weg vom Hersteller zum Endkunden durchläuft ein Produkt häufig mehrere Handelsstufen. Verletzt das Produkt ein Schutzrecht, so werden neben dem Hersteller alle beteiligten Händler zum Schutzrechtsverletzer. Der Schutzrechtsinhaber kann vom Hersteller und auf jeder Handelsstufe verlangen, dass die Verletzungshandlungen für die Zukunft eingestellt werden. Nicht abschließend geklärt war bislang, von wem und in welcher Höhe der Schutzrechtsinhaber in einer solchen Verletzerkette Schadensersatz verlangen kann.
Grundsätzlich ist vorgesehen, dass ein Verletzer dem Schutzrechtsinhaber den durch schuldhafte Verletzungshandlungen entstandenen Schaden ersetzen muss, wobei es insbesondere zulässig ist, den Schaden anhand des vom Verletzer erzielten Gewinns zu ermitteln und Herausgabe des Gewinns zu verlangen. Keine Voraussetzung für diese Art der Schadensberechnung ist es, dass der Schutzrechtsinhaber denselben Gewinn ebenfalls hätte erzielen können. Es ist also möglich, dass der Schutzrechtsinhaber infolge der unbefugten Verwertung seines Schutzrechts einen höheren Gewinn erzielt, als er ohne die Rechtsverletzung erzielt hätte.
Zum Schadensersatz in der Verletzerkette hatte das OLG Hamburg in einem urheberrechtlichen Fall entschieden, dass der Schadensersatzanspruch durch die Inanspruchnahme des Herstellers erschöpft sei. Die zusätzliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf nachfolgenden Handelsstufen sei ausgeschlossen. Der BGH folgt diesem Ansatz nicht (Urt. v. 14.05.2009, I ZR 98/06 – Tripp-Trapp-Stuhl). Es widerspreche dem der Herausgabe des Verletzergewinns zugrunde liegenden Rechtsgedanken, wenn einzelne Verletzer innerhalb einer Verletzerkette ihren durch die Verletzung eines Schutzrechts erzielten Gewinn behalten dürften. Jeder Verletzer müsse deswegen seinen gesamten Gewinn auskehren.
Bei uneingeschränkter Anwendung dieser Rechtsprechung stünde der Schutzrechtsinhaber in vielen Fällen erheblich besser, als wenn er selbst das Produkt vertrieben hätte. Zwar sei dies im Grundsatz nicht zu beanstanden, die Besserstellung gehe aber dann zu weit, wenn der Hersteller seinen Abnehmern wegen deren Inanspruchnahme durch den Rechtsinhaber Schadensersatz geleistet habe. In diesem Umfang sei der Verletzergewinn aufgezehrt. Der Hersteller kann also Schadensersatzzahlungen, die er gegenüber seinen Abnehmern geleistet hat, auf den Schaden, den er dem Schutzrechtsinhaber zu ersetzen hat, anrechnen.