Schaltet ein Einzelhändler Sonderangebote, so bleibt es insbesondere in größeren Filialunternehmen mitunter nicht aus, dass hin und wieder versäumt wird, die Preisauszeichnung am Warenregal anzupassen. Am Regal erscheint also der reguläre Preis, obwohl ein niedrigerer beworben wurde. Wird an der Kasse der höhere reguläre Preis verlangt, liegt eine unlautere Irreführung vor, die nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Unterlassungsansprüche nach sich zieht (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 29/98).
Ist hingegen durch ein elektronisches Kassensystem sichergestellt, dass der Kunde nur den geringeren Preis des Sonderangebots zu zahlen braucht, sieht die Lage anders aus, wie der BGH nun entschied (Urt. v. 4.10.2007 – I ZR 182/05 – Fehlerhafte Preisauszeichnung). In dieser Situation schneidet sich der Händler mit einer solchen fehlerhaften Preisauszeichnung zunächst einmal ins eigene Fleisch, denn die Kunden werden bestenfalls verunsichert und schlimmstenfalls verprellt. Das OLG Karlsruhe als Vorinstanz sah hierin obendrein einen UWG-Verstoß, weil ein Teil der Kundschaft sich veranlasst sehen könnte, statt der im Sonderangebot beworbenen Ware zu anderen Produkten zu greifen. Dies widerspreche jedoch, so der BGH, der Lebenserfahrung. Vom mündigen Verbraucher sei nicht zu erwarten, dass er in dieser Weise auf ein (unabsichtliches) Lockangebot eingehe.
Der BGH geht hierbei von einem situationsadäquat durchschnittlich aufmerksamen und verständigen Verbraucher aus. Dieses Verbraucherleitbild hat schon vor einigen Jahren die Vorstellung von einem generell flüchtigen Verbraucher abgelöst (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 – 167/97 – Orient-Teppichmuster). Der durchschnittlich aufmerksame und verständige Verbraucher, von dem heute auszugehen ist, ist schwerer zu täuschen, was das vorliegende Urteil bestätigt.
Das Urteil liegt auch auf Linie mit der neuen EG-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG), deren Umsetzungsfrist am 12. Dezember 2007 ablief (s. Beitrag v. 12.12.2007). Nach deren Art. 6 Abs. 1 Buchst. d) ist eine falsche Preisangabe erst dann irreführend, wenn sie den Durchschnittsverbraucher tatsächlich oder voraussichtlich zu einer Kaufentscheidung veranlasst, die er sonst nicht getroffen hätte. Dass die Preisauszeichnung falsch ist, genügt also nicht für einen UWG-Verstoß.
Dass das beklagte Einzelhandelsunternehmen gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) verstieß, liegt auf der Hand. Da aber ebenso klar war, dass es sich mit dieser Rechtsverletzung selbst schadete, versagte der BGH dem Kläger auch einen Unterlassungsanspruch wegen dieses Verstoßes (unlauterer Rechtsbruch, § 4 Nr. 11 UWG). Hierbei wandte der Wettbewerbssenat die Bagatellklausel des § 3 UWG an, wonach unerhebliche Rechtsverstöße nicht nach dem UWG geahndet werden können (zur Bagatellklausel in Internet-Fällen s. den Beitrag vom 4.10.2007).