Gewerbetreibende erhalten häufig Schreiben, deren Werbecharakter erst auf zweiten Blick ersichtlich wird. Bei erster flüchtiger Durchsicht entsteht der Eindruck, das Schreiben beziehe sich auf eine bestehende Vertragsbeziehung oder eine bereits bestellte Leistung. Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes verbreitet sind Schreiben, mit denen die Inhaber von Schutzrechten dazu bewegt werden sollen, die Verlängerung des Schutzrechts durch den Absender des Werbeschreibens vornehmen zu lassen. Besonders ärgerlich ist es hier, wenn auf ersten Blick der Anschein eines amtlichen Schreibens erweckt wird.

Der BGH hat sich jetzt mit einem Sachverhalt befasst, in dem das Werbeschreiben zum Ziel hatte, den Gewerbetreibenden zu einem Eintrag in ein Branchenverzeichnis zu bewegen (Urt. v. 30.06.2011 – I ZR 157/10 – Branchenbuch Berg). Die Aufmachung des Schreibens war derart, dass bei einem flüchtigen Leser der Eindruck entstehen konnte, es gehe lediglich um die Aktualisierung eines bereits bestehenden Eintrags.

Für die Frage, wie Werbung verstanden wird, kommt es auf die Sichtweise des angemessen aufmerksamen und verständigen Marktteilnehmers an. Die Urheber des Werbeschreibens stellten sich auf den Standpunkt, dass die Geschäftsleute als Adressaten des Werbeschreibens die individuell an sie gerichtete Geschäftspost mit gesteigerter Aufmerksamkeit zur Kenntnis nähmen. Der wahre Charakter des Schreibens werde dann erkannt.

Dem tritt der BGH entgegen und stellt klar, dass im Geschäftsleben Schreiben von vermeintlich geringer Bedeutung nur mit wenig Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen werden. Bei flüchtiger Durchsicht bestehe aber die Gefahr, dass jedenfalls ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise über den Inhalt des Schreibens getäuscht werde. Die Werbung sei dazu ausgelegt, planmäßig und systematisch die Unaufmerksamkeit der Adressaten auszunutzen. Damit verstoße die Werbung gegen das Verschleierungsverbot des § 4 Nr. 3 UWG sowie gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG.