Seit dem Inkrafttreten des reformierten Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ 2000) steht dem Patentinhaber das Instrument des Beschränkungsverfahrens zur Verfügung, in dem die neu eingereichten Patentansprüche seitens des EPA lediglich auf Klarheit gemäß Art. 84 EPÜ und unzulässige Erweiterungen gemäß Art. 123 EPÜ geprüft werden (s. Beitrag v. 28.8.2007 unter Ziffer 6). Wurde dem Beschränkungsantrag trotz Verstoßes gegen das Klarheitsgebot nach Art. 84 stattgegeben, so stellt sich die Frage, wie damit in gegebenenfalls nachfolgenden nationalen Nichtigkeitsverfahren umgegangen werden soll.

Der BGH hat nun in einer Leitsatzentscheidung für das Nichtigkeitsverfahren gegen deutsche Teile europäischer Patente klargestellt, dass ein im europäischen Beschränkungsverfahren beschränktes Patent in gleicher Weise zu behandeln ist, wie ein im Einspruchsverfahren geändertes Patent. Wie ein im Einspruchsverfahren geändertes Patent stellt auch das im Beschränkungsverfahren geänderte Patent die geltende Fassung des europäischen Patents dar und kann im Nichtigkeitsverfahren mangels eines einschlägigen Nichtigkeitsgrunds ebenso wenig auf das Erfordernis der Klarheit geprüft werden wie die Patentansprüche des erteilten Patents (BGH, Urt. v. 1.3.2011 – X ZR 72/08 – kosmetisches Sonnenschutzmittel III).

In Nichtigkeitsverfahren muss sich das Gericht demnach den (unklaren) Sinngehalt der im europäischen Beschränkungsverfahren gewährten Ansprüche mit Blick auf die Beschreibung und Zeichnungen durch entsprechende Auslegung erarbeiten. Gleiches gilt auch für die Verletzungsgerichte, die Verletzungsklagen wegen mangelnder Klarheit der Patentansprüche nicht abweisen dürfen (BGH, Urt. v. 31.3.2009 – X ZR 95/05 – Straßenbaumaschine).

Anders liegen die Dinge, wenn der Patentinhaber als Nichtigkeitsbeklagter im Rahmen der beschränkten Verteidigung die Ansprüche neu fasst. In diesem Fall ist dieser neue Anspruchssatz auch auf das Klarheitserfordernis zu prüfen (s. Beitrag v. 25.5.2010).