Nach früherem Arbeitnehmererfinderrecht waren Erfindungen von Professoren, Dozenten und wissenschaftlichen Assistenten (nachfolgend zusammen: „Hochschullehrer“) an wissenschaftlichen Hochschulen „freie Erfindungen“. Das heißt, sie unterfielen nicht den Regelungen des Arbeitnehmererfindergesetzes (ArbEG), nach denen Arbeitnehmer verpflichtet sind, Ihrem Arbeitgeber neue Diensterfindungen zu melden und so die Übernahme der Rechte zu ermöglichen. Dieses „Hochschullehrerprivileg“ ist 2002 weggefallen. Der betreffende § 42 ArbEG wurde dahin geändert, dass Hochschullehrer ihre Erfindungen nun „rechtzeitig, in der Regel zwei Monate“ vor einer anderweitigen Offenbarung ihrem Dienstherrn mitzuteilen haben, um diesem eine Patentanmeldung zu ermöglichen. Diese Meldung kann nur dann unterbleiben, wenn der Hochschullehrer überhaupt keine Veröffentlichung wünscht („negative Publikationsfreiheit“).

Gegen die Anzeigepflicht des neuen § 42 ArbEG ist ein Hochschullehrer vor Gericht gezogen. Sein Kernargument war, dass ihn die Anzeigepflicht in Verbindung mit der Frist in seiner per Grundrecht verbürgten Wissenschaftsfreiheit behindere (Art. 5 Abs. 3 GG). In der Tat ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Veröffentlichungsfreiheit in Situationen beeinträchtigt werden kann, in denen kurz vor einer geplanten Veröffentlichung noch eine Erfindung gemacht wird, z.B. wenige Wochen vor einem wichtigen Kongress. Hier entstehen zwangsläufig Konflikte mit der zweimonatigen Regelfrist. Das erstinstanzlich angerufene Landgericht Braunschweig hielt die Regelung denn auch für grundgesetzwidrig. Daher legte es den Fall dem Bundesverfassungsgericht vor (konkretes Normenkontrollverfahren, Art. 100 GG). Dieses jedoch befand die Vorlage für unzulässig, vor allem weil das Landgericht nicht hinreichend geprüft habe, ob sich die Zweimonatsfrist nicht durch verfassungskonforme Auslegung auf ein zulässiges Normalmaß stutzen lässt (BVerfG, Beschl. v. 12.3.2004 – 1 BvL 7/03). Landgericht und Oberlandesgericht beschieden den Kläger daraufhin abschlägig.

Nicht anders erging es dem Kläger beim BGH (Urt. v. 18.9.2007 – X ZR 167/05). Dieser nahm allerdings das Bundesverfassungsgericht beim Wort und gab einige bemerkenswerte Erläuterungen, wie er sich eine verfassungskonforme Auslegung der Regelfrist in § 42 ArbEG vorstellt:

  • Zunächst hält es der BGH für praktisch ausgeschlossen, dass die Regelfrist auch einmal länger als zwei Monate betragen könnte. Hierzu verweist er auf die geringen Anforderungen an eine prioritätswahrende Erstanmeldung, mit der sich die Hochschule alle Optionen offen halten kann.
  • Eine erhebliche Abkürzung der Frist „auf wenige Tage oder gar auf Stunden“ hält das Gericht hingegen für möglich, sofern die Umstände dies gebieten.
  • So kann es insbesondere sein, dass sich die Notwendigkeit einer Veröffentlichung im Verlauf einer wissenschaftlichen Tagung zeigt. Die Hochschule muss dann tätig werden und, um eine zügige Bearbeitung sicher zu stellen, notfalls elektronische Kommunikationsmittel nutzen.

Um dem zu entsprechen, werden Universitäten, Fachhochschulen und andere Hochschulen eine effiziente Infrastruktur vorhalten müssen. Sie müssen im Bedarfsfall imstande sein, auf Erhalt einer E-Mail oder eines Anrufs hin binnen Stunden prioritätswahrende Schutzrechtsanmeldungen, ggf. per elektronischer Einreichung, vorzunehmen, um ihre neuen Möglichkeiten mit der Wissenschaftsfreiheit ihrer Forscher in Einklang zu bringen. Allerdings ist die Vorstellung von Hochschulgremien, die monatelang über die eventuelle Verwertung einer Erfindung sinnieren, ohne tätig zu werden, auch kaum mit der Idee verträglich, dass sich die Hochschulen aktiv um die Vermarktung ihrer Innovationen kümmern sollen, um Finanzierungsquellen zu erschließen. Genau dieser Gedanke steht ja hinter der Abschaffung des Hochschullehrerprivilegs.