Marken sind ein zentraler Faktor im Wettbewerb, sichern sie doch das unter der Marke angebotene Produkt- bzw. Dienstleistungsangebot für den Markeninhaber oder seine Lizenznehmer ab, während Wettbewerbern aufgrund des Monopolrechts eine entsprechende Benutzung verboten werden kann. Klingt überzeugend, hat jedoch den für viele potentielle Markenanmelder nachteiligen Nebeneffekt, dass eine Markenanmeldung Kosten verursacht und deshalb gerne verdrängt oder auf die lange Bank geschoben wird (nachfolgend sei diese Gruppe als „Sparfüchse“ benannt).
Kritisch wird es für den Sparfuchs dann, wenn Wettbewerber (nachfolgend „Pragmatiker“) mutig eine entsprechende Markenanmeldung vornehmen und anschließend dem Sparfuchs auf Grundlage ihrer Marke die Weiterbenutzung verbieten wollen. Möchte der Sparfuchs seinen betroffenen Geschäftsbetrieb nicht einstellen oder (sofern möglich) eine Markenlizenz vom Pragmatiker erwerben, so bleibt Ihnen als Notnagel häufig nur der Versuch die störende Marke mittels Löschungsantrag und Argumentation einer „bösgläubigen Markenanmeldung“ (§ 50 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG) zu beseitigen.
Damit das Löschungsverfahren für den Sparfuchs zum Erfolg wird muss zweifelsfrei feststehen, dass der Pragmatiker bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war, andernfalls bleibt die Marke – auch in Grenz- oder Zweifelsfällen – bestehen. Die Feststellungslast für den Nachweis der Bösgläubigkeit des Pragmatikers liegt beim Sparfuchs und die Hürde ist sehr hoch. Denn allein der Umstand, dass der Pragmatiker wusste oder hätte wissen müssen, dass der Sparfuchs zum Zeitpunkt der Anmeldung das Zeichen bereits benutzte, genügt nicht für die Bejahung der Bösgläubigkeit (ständige Rechtsprechung, s. z.B. EuGH-Urteil vom 11.06.2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli, C-529/07, Rn. 37, 40-42 und EuGH-Urteil vom 27.06.2013, Malaysia Dairy Industries, C-320/12, Rn. 37). Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die dafür sprechen, dass der Pragmatiker die Markenanmeldung mit der vorrangigen Absicht vorgenommen hat, Sparfüchse an ihrer Weiterbenutzung zu hindern. Fehlt es an diesem wesentlichen Motiv (oder lässt es sich dem Pragmatiker nicht nachweisen) verliert der Sparfuchs das Löschungsverfahren und die ihn störende Marke bleibt bestehen.
Mit Blick auf die jüngere deutsche Entscheidungspraxis mit zweifelsfreier Feststellung [z.B. BPatG 27 W (pat) 8/14 vom 29.04.2014] bzw. zweifelhafter Feststellung [z.B. BPatG 30 W (pat) 16/12 vom 13. 03.2014] der Bösgläubigkeit bei Markenanmeldungen können folgende Indizien für die Bösgläubigkeit des Pragmatikers zum Zeitpunkt der Markenanmeldung sprechen:
- Anhaltspunkte für mangelnde markenmäßige Benutzungsabsicht;
- keine markenmäßige Benutzungsaufnahme innerhalb des marktüblichen Zeitraums;
- „nachgeschobene“ Benutzung, d.h. Benutzungsnachweise mit Datierung nach Löschungsantrag um den Bösgläubigkeitseinwand zu entkräften;
- aktive Beobachtung/Überwachung der Aktivität des Sparfuchses durch den Pragmatiker;
- ausuferndes und nicht auf das Kerngeschäft des Pragmatikers beschränktes Waren-/Dienstleistungsverzeichnis der Marke;
- Marke fügt sich nicht logisch in das in der Vergangenheit verwendete Markenbildungsprinzip des Pragmatikers ein und widerspricht diesem;
- Anmeldung einer Vielzahl (ebenfalls nicht benutzter) Marken;
- Verschleierungstaktische Anmeldung weiterer (ebenfalls unbenutzter) Marken mit ähnlichem Zeichenaufbau;
- der Pragmatiker ist mit rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen gegen Wettbewerber in analogen Fällen bereits auffällig geworden.
Es liegt in der Natur der Sache, dass der Pragmatiker, sofern er denn wirklich bösgläubig ist, genau diese Indizien versucht zu vermeiden, um keinen Anlass für eine zweifelsfreie Feststellung der Bösgläubigkeit zu bieten, so dass seine Marke ungefährdet bleibt. Den Sparfüchsen bleibt daher nur zu raten, spätestens bei der Benutzungsaufnahme des Zeichens die eigene Markenanmeldung in die Hand zu nehmen bevor ihnen Wettbewerber zuvorkommen. Richtige „Sparfüchse“ kennen kostensparende Markenanmeldestrategien oder lassen sich entsprechend beraten.