Nicht selten kommt es vor, dass eine Markenanmeldung vom DPMA zurückgewiesen wird, obwohl eine in jeder Hinsicht vergleichbare Marke bereits im Register eingetragen ist. In der bis 2005 geltenden internen Richtlinie des Deutschen Patent- und Markenamts zur Prüfung von Marken hieß es dazu, der Prüfer solle in seinem Bescheid auf die frühere Eintragung hinweisen und die Abweichung von der früheren Beurteilung begründen. Unabhängig davon sei es an den Abteilungsleitern und Gruppeleitern, eine einheitliche Beurteilung sicherzustellen. In den aktuellen Prüfungsrichtlinien ist dieser Passus entfallen und es heißt nun, jede Anmeldung sei ein für sich gesondert zu beurteilender Einzelfall, für den aus vergangenen Eintragungen nichts hergeleitet werden könne. Die Hemmschwelle der Markenprüfer, von einer früheren Eintragungspraxis abzuweichen, scheint seitdem gesunken zu sein. Teilweise entstand der Eindruck, dass die Prüfungspaxis des DPMA keine einheitliche Linie mehr erkennen lasse.

Die Senate des BPatG waren nicht in der Lage, eine gemeinsame Position zu diesem Problem zu entwickeln. Der 29. Senat nahm deswegen die Zurückweisung der für Postdienstleistungen angemeldeten Marke „Schwabenpost“ zum Anlass für eine Vorlage an den EuGH. Der Anmelder hatte sich auf den Standpunkt gestellt, es seien mindestens vierzehn vergleichbar gebildete Zeichen für die Deutsche Post AG und andere Unternehmen eingetragen. Im Einklang mit den aktuellen Prüfungsrichtlinien hatte das DPMA die Markenanmeldung zurückgewiesen, ohne sich mit diesem Argument auseinanderzusetzen.

Der EuGH stellte dazu klar (verbundene Rechtssachen C-39/08 und C-43/08), dass sich für das Amt aus einer Voreintragung keine Bindung für spätere Markenanmeldungen ergibt. Dies ist selbstverständlich, denn anderenfalls könnte eine zu Unrecht ergangene Entscheidung beliebig viele weitere rechtswidrige Entscheidungen nach sich ziehen. Jedoch, so der EuGH weiter, müsse das Amt „die zu ähnlichen

Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht“.

Das BPatG hat jetzt (Beschl. v. 01.04.2009 – 29 W (pat) 13/06), die Sache „Schwabenpost“ an das DPMA zurückverwiesen mit der Maßgabe, einen diesen Anforderungen genügenden Beschluss zu fassen. Mit der Zurückverweisung verbindet das BPatG einige wichtige Hinweise für die Praxis. So sei es nicht Aufgabe des DPMA das Markenregister zu durchforsten und jeder noch so geringen Vergleichbarkeit der Fälle nachzugehen. Der Anmelder habe eine Mitwirkungslast, die es ihm auferlege, das Amt auf vergleichbare Voreintragungen hinzuweisen. Damit das Verfahren nicht unnötig verzögert werde, müsse der Anmelder diesen Hinweis in aller Regel bei der Beantwortung des ersten Beanstandungsbescheids geben. Außerdem könne eine Befassung des Amts mit Voreintragungen nur dann verlangt werden, wenn sich nicht ohne weiteres und sofort die Unterschiedlichkeit der Marken ergebe.

Für Markenanmelder könnte sich diese Entscheidung des BPatG als schlagkräftiges Hilfsmittel erweisen. Denn für die Prüfer des DPMA ist es mit einem ungleich geringeren Aufwand verbunden, eine Marke zur Eintragung zuzulassen, als eine stichhaltige Begründung für die Abweichung von Voreintragungen zu liefern.