Damit ein Zeichen als Marke mit Schutz in Deutschland eingetragen werden kann, muss es „Unterscheidungskraft“ besitzen und nicht „freihaltebedürftig“ sein um die Eintragungshürden von § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 zu nehmen (s. z.B. Beiträge v. 5.12.2007, 5.1.2010, 17.9.2012, 8.10.2013 u. 11.3.2014). Dabei kommt es auf die Sicht der „angesprochenen Verkehrskreise“ an, bei denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen zeigen kann.
Bei in Deutschland angemeldeten oder auf Deutschland erstreckte internationale Marken in kyrillischer Schriftweise sind dies z.B. die muttersprachlich russische Bevölkerungsgruppe in Deutschland (Stand 2010: 3,4 Millionen Menschen) und ehemalige DDRler (Russisch war erste Fremdsprache in der DDR), wie das Bundespatengericht in einer jüngeren Entscheidung in Bezug auf die Warengruppe „Kosmetikartikel“ feststellte (Beschl. v. 17.7.2014 – 24 W (pat) 503/13 – СЕКРЕТ КРАСОТЫ). Im konkreten Fall hatte das Bundepatengericht die Erstreckung der internationalen Marke 1 095 688 auf Deutschland zurückgewiesen, da aus Sicht des Senats die angesprochenen Verkehrskreise ohne Mühe den Sinngehalt der Marke „СЕКРЕТ КРАСОТЫ“ (auf Deutsch: „Geheimnis der Schönheit“) erfassen, diesen als rein beschreibend für Kosmetikartikel einordnen, und daher nicht als Herkunftshinweis im Sinne einer Marke verstehen werden.
Anmelder entsprechender kyrillischer Marken, die sich mit ähnlichen Problemen konfrontiert sehen, seien die folgenden Gegenargumente ans Herz gelegt um die Erfolgsaussichten der Eintragung ihrer beanstandeten Marke zu erhöhen:
- Ob Russisch zu einer in Deutschland bekannten Fremdsprache zählt ist fraglich. Dies jedenfalls mit Blick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des BGH, beispielsweise in der „RIGIDITE II“- Entscheidung (BGH GRUR 1994, 366 – RIGIDITE II) vertretenen Auffassung, dass nicht jedes französische Wort in Deutschland hinreichend bekannt sei um beschreibend zu wirken, und unter der Annahme, dass Französisch kein geringeres „Bildungsgut“ als Russisch ist. Im Übrigen ist der Einfluss des Russischen selbst durch die deutsche Widervereinigung kaum gestiegen, was die Sprachwissenschaft unter anderem auf eine „sprachliche Opposition“ zurückführt [vgl. Übersichtsartikel „Fremdsprachige Wörter im Markenrecht“ von Friedrich Albrecht (GRUR 2001, 470, Ziffer 3.c)].
- Keinem Wettbewerber wird durch die Eintragung der Marke die Möglichkeit genommen, seine Waren und Dienstleistungen wie bisher sprachlich korrekt und exakt zu beschreiben. Die Handlungsmöglichkeiten der anderen Marktteilnehmer wird folglich nicht eingeschränkt, was sich bereits aus § 23 Nr. 2 MarkenG ergibt.
- Auch wenn eine rechtliche Bindungswirkung nicht besteht, so können ausländische Voreintragungen dennoch eine indizielle Bedeutung als Hinweis auf eine bestehende Verkehrsauffassung, insbesondere zu einem Freihaltebedürfnis oder zu Unterscheidungskraft haben. Ist eine Angabe in Ländern, aus deren Sprache sie entstammt, als Marke eingetragen, so ist dies beispielsweise ein gewichtiges Indiz für das Fehlen eines Freihaltebedürfnisses (BGH GRUR 2001, 162 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). In dem vom Bundespatentgericht entschiedenen Fall „СЕКРЕТ КРАСОТЫ“ wurde die Marke nur in Deutschland zurückgewiesen, nicht hingegen in Russland (Basisanmeldung) oder den slawischen Erstreckungsländern Weißrussland, Ukraine, Polen, Tschechien und Bulgarien.
- Sofern die beanspruchte Marke nichts über die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert der Erzeugnisse oder die Zeit der Erzeugung aussagt, ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit eine eintragungsfähige (und besonders wertvolle) „sprechende Marke“ (BGH GRUR 1996, 771 – THE HOME DEPOT).
- In jedem Fall sollte eine ausführliche Darlegung der sprachlichen Besonderheiten der Marke durch die „russische Brille“ erfolgen, denn wenn die Verkehrskreise schon so schlau sind und angeblich ohne weiteres Russisch können, dann werden ihnen auch genau diese feinen Unterschiede auffallen, die dann ihrerseits Eintragungsfähigkeit begründen können.
Dass man mit diesen Argumenten durchaus erfolgreich durchdringen kann zeigt die Praxis, beispielsweise die Eintragung des zuvor unter § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG beanstandeten deutschen Teils der internationalen Marke 1 045 922 „КРЕМЛЕВСКАЯ ПРЕМИЯ“ (auf Deutsch: „KREML-PREIS“) für alkoholische Getränke.