Werden ein gewerbliches Schutzrecht oder bestimmte über das Wettbewerbsrecht geschützte Rechtspositionen, z. B. Betriebsgeheimnisse, schuldhaft verletzt, kann der Verletzte Ersatz des ihm dadurch entstandenen Schadens verlangen. Die Höhe dieses Schadens hängt allerdings vom Umfang der Verletzungshandlungen ab, den der Verletzte im Normalfall nicht kennt. Gesetz und Rechtsprechung gewähren im deshalb entsprechende Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche gegen den Verletzer.

Demnach ist der Verletzte im deutschen Recht darauf angewiesen, dass ihm sein Gegner die erforderlichen Informationen richtig und vollständig mitteilt. Bei einem Streit darüber, ob eine erteilte Auskunft vollständig ist, ist zu differenzieren: Ist die Auskunft von vornherein unglaubhaft oder unvollständig, besteht Anspruch auf Ergänzung, bei bereits tituliertem Auskunftsanspruch können Zwangsmittel verhängt werden (BGH, Urt. v. 24.3.1994 – I ZR 42/93 – Cartier-Armreif). Ist die Unvollständigkeit hingegen nicht offensichtlich, kann der Verletzte die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die Vollständigkeit der Informationen verlangen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Verletzer seine Angaben nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht hat (§§ 259, 260 BGB).

Gestützt hierauf wollte das OLG Düsseldorf eine wegen Verletzung von Geschäftsgeheimnissen (§ 17 UWG) rechtskräftig zur Auskunftserteilung verurteilte Partei mit einem Zwangsgeld von 8.000 € dazu anhalten, über bei ihr vorhandene Originale und Kopien von Kunden- und Firmendaten Auskunft zu erteilen. Denn das OLG war aufgrund seiner Feststellungen im vorausgegangenen Erkenntnisverfahren davon überzeugt, dass der Schuldner zumindest über einige Daten verfügen müsse. Es akzeptierte daher nicht die von ihm erteilte „Nullauskunft“, keine Daten zu haben.

Diese Entscheidung hob das Bundesverfassungsgericht auf (Beschl. v. 28.10.2010 – 2 BvR 535/10). Auch wenn das Fachgericht noch so überzeugt von der Unvollständigkeit der Auskunft sei, liege „es prinzipiell stets im Bereich des Möglichen liegt, dass prozessuale und materielle Wahrheit nicht übereinstimmen“. Könne also nicht endgültig ausgeschlossen werden, dass der Schuldner eben doch keine Daten hat, sei er in seinen Grundrechten verletzt. Im Hinblick auf die Wahrung der Verhältnismäßigkeit vermissten die Verfassungsrichter auch eine Erwägung des OLG, ob im Streitfall nicht eine eidesstattliche Versicherung als milderes Mittel in Betracht hätte kommen können.

Dabei beließ es das BVerfG jedoch nicht, sondern es zog auch in Erwägung, ob dem Gläubiger in solchen Situationen nicht eher ein Herausgabeanspruch in Bezug auf die strittigen Datenträger zuzusprechen sei. Das würde es ihm ermöglichen, einen Gerichtsvollzieher beim Schuldner nach den Daten suchen zu lassen. Dabei erkennt das BVerfG ausdrücklich an, dass dies eine großzügige Handhabung zivilprozessualen Bestimmtheitsgrundsatzes erfordert und auch mit „praktischen Schwierigkeiten verbunden bleibt“. Nicht ganz zu Unrecht merkt das Gericht jedoch an, dass hiermit durchaus der effektivere Rechtsschutz verbunden sein könne, denn auch eine erzwungene Auskunft bringe ja keine Gewissheit, dass sie auch vollständig ist.

Mit Spannung ist nun abzuwarten, ob die Verletzungsgerichte diese Ausführungen zum Anlass nehmen, Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche auch als Herausgabeansprüche zu titulieren. Wenn das geschieht, würde es eine erhebliche Stärkung der Position von Schutzrechtsinhabern bedeuten, denn sie wären in solchen Fällen nicht mehr allein auf die Angaben der Verletzer angewiesen.