Britische Geheimagenten, skandinavische Kriminalkommissare oder Zauberlehrlinge – bei diesen Stichworten hat man auf Anhieb konkrete fiktive Figuren vor Augen. Können diese Figuren aber auch als solche – also losgelöst von der jeweiligen Romanliteratur – rechtlich geschützt sein? Und wenn, ja wie weit geht dieser Schutz? In der Praxis stellen sich diese Fragen vor allem bei Werken, die unter Verwendung fiktiver Personen an das Hauptwerk anknüpfen, wie z. B. Prequels, Sequels oder Spin-Offs. Darüber hinaus ist häufig auch für Werbekampagnen interessant, inwieweit sich an bekannte, aber nicht real existierende Figuren angelehnt werden darf.

Insoweit war in der Rechtsprechung bisher anerkannt, dass nicht nur die konkrete Textfassung der zugrunde liegenden Romanvorlage Urheberschutz erlangen kann, sondern auch deren formbildende Elemente wie z. B. der Gang der Handlung, die szenische Gestaltung oder die Rollenverteilung der handelnden Personen (vgl. BGH, Urt. v. 29.4.1999 – I ZR 65/95 – Laras Tochter). Im Hinblick auf Bilddarstellungen war zudem ein Schutz der abgebildeten Figur durch das Urheberrecht möglich, sofern diese sich durch eine unverwechselbare Kombination äußerer Merkmale, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und typischen Verhaltensweisen auszeichnet, und damit zu einer besonders ausgeprägten Persönlichkeit geformt wurde und in den Geschichten jeweils in einer bestimmten charakteristischen Weise auftrat (vgl. zur Asterix-Figur: BGH, Urt. v. 11.3.1993 – I ZR 263/91 – Alcolix, sowie Urt. v. 11.3.1993  – I ZR 264/91 – Asterix-Persiflagen).

Offen war aber bislang, ob sich ein vergleichbarer Urheberschutz auch isoliert auf fiktive Personen erstrecken kann, die ausschließlich in der Romanliteratur beschrieben werden. Diese Frage hat der BGH nun in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung grundsätzlich bejaht (Urt. v. 17.7.2013 – I ZR 52/12 – Pippi Langstrumpf-Kostüm). Danach kann eine fiktive Person, die in einem literarischen Werk beschrieben wird, einen eigenständigen Urheberrechtsschutz erlangen, sofern dieser Figur eine unverwechselbare Persönlichkeit zukommt. Dies setzt nach Auffassung des BGH zweierlei voraus: Zum einen bedarf es einer ausgeprägten Beschreibung der (inneren) Charaktereigenschaften der Person. Zum anderen müssen aber auch zusätzlich besondere äußerliche Merkmale der Person zu Tage treten. Sofern lediglich nur die äußere Gestalt einer Figur oder deren Erscheinungsbild beschrieben wird, scheidet ein eigenständiger Urheberschutz allerdings aus.

Diese Leitlinien bestimmen für den BGH zudem auch die Grenzen des urheberrechtlichen Schutz einer fiktiven Person – unter welchen Umständen also eine Verwendung der Figur, z. B. in Form eines Karnevalskostüms, zulässig ist. Urheberrechtlicher Maßstab ist hier die Abgrenzung einer zustimmungsfreien Benutzung der Figur i. S. v. § 24 Abs. 1 UrhG von einer zustimmungspflichtigen und damit im Grundsatz verbotenen Übernahme der fiktiven Person nach § 23 UrhG. Für eine solche Übernahme der Figur reicht es nämlich nicht aus, dass lediglich einzelne äußere Merkmale übernommen werden. Denn auch wenn diese Elemente zwar die äußere Gestalt der Romanfigur (z. B. Haarfarbe, Kleidung) prägen, genügen sie aber für sich genommen nicht, urheberrechtlichen Schutz zu begründen (Urt. v. 17.7.2013 – I ZR 52/12, Rn. 45 – Pippi Langstrumpf-Kostüm). Damit sind also auch Karnevalskostümierungen in der Regel urheberrechtlich nicht zu beanstanden. Denn in diesen Fällen geht der BGH davon aus, dass ein ausreichender innerer Abstand zur Ausgangsfigur hergestellt wird, da lediglich in deren Rolle geschlüpft wird.