Erhält ein Wettbewerber ein störendes Patent, wird regelmäßig ein Angriff darauf ins Auge gefasst. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: (a) den Einspruch und (b) die Nichtigkeitsklage. Der Einspruch (a) ist zwar kostengünstiger, aber binnen der Einspruchsfrist einzulegen. Verzichtet man auf den Einspruch, weil das Patent zunächst nicht relevant genug erscheint, kann man in folgende missliche Situation geraten: Legt ein Dritter einen Einspruch ein, so muss dieses Einspruchsverfahren erst abgeschlossen werden, bevor die eigene Nichtigkeitsklage erhoben werden kann (§ 81 Abs. 2 PatG). Denn das Gesetz möchte aus Gründen der Verfahrensökonomie Parallelverfahren um die Gültigkeit desselben Patents vermeiden.
Da sich Einspruchsverfahren über viele Jahre hinziehen können, ist entsprechend lange die Nichtigkeitsklage blockiert. Da ein Nichtigkeitsverfahren seinerseits ebenfalls im Regelfall mehrere Jahre dauert, erzeugt das ursprünglich als irrelevant erachtete Patent gut und gerne über ein Jahrzehnt lang Rechtsunsicherheit.
Ein Schweizer Unternehmen, das sich in eben dieser Situation befand, hat diese Problematik nun von deutschen Gerichten prüfen lassen. Es hatte von einem Einspruch gegen ein im Jahr 1998 erteiltes Patent abgesehen, dann aber 2002 eine Berechtigungsanfrage erhalten, die sich auf eben dieses Patent stützte. Gegen das Patent war noch ein Einspruchsverfahren anhängig, dessen Abschluss die Schweizer nicht vor 2008 erwarteten. Man erhob Nichtigkeitsklage mit dem Argument, § 81 Abs. 2 PatG könne für das europäische Patent keine Anwendung finden. Nachdem sie beim Bundespatentgericht und beim BGH abgeblitzt waren, legten die Schweizer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.
Auch dieses erteilte eine Abfuhr (Beschl. v. 5.4.2006 – 1 BvR 2310/05). Der vom EPÜ gewährte Rechtsschutz entspreche dem notwendigen Standard beim Schutz von Grundrechten. Das Gericht verwies auf die Möglichkeit, auch als nicht am Einspruchsverfahren beteiligter Dritter das EPA auf relevante Druckschriften hinzuweisen (Art. 115 EPÜ) und auf die Beitrittsmöglichkeit, sobald eine Verletzungsklage oder Abmahnung auf dem Tisch liege (Art. 105 EPÜ). Allerdings bemängelte das Gericht an der Beschwerde auch, die vermeintlich zu lange Verfahrensdauer vor dem EPA sei zu pauschal behauptet worden. Die Richter ließen sich damit eine kleine Hintertür offen, um in einem extremen Fall die Dinge ggf. anders sehen zu können.