In europaweit ausgetragenen Patentverletzungsstreitigkeiten erfreut sich der „italienische Torpedo“ immer wieder großer Beliebtheit. Dabei handelt es sich um eine von einem vermeintlichen Patentverletzer in Italien angestrengte Klage, mit der er die Feststellung durch das italienische Gericht begehrt, dass er ein bestimmtes ausländisches Patent nicht verletze (negative Feststellungsklage). Ruft dann der Gegner seinerseits in dem Land, in dem das Patent Gültigkeit hat, ein Verletzungsgericht an, ist diese Verletzungsklage nach der Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 44/2001) auszusetzen. Damit ist der Verletzungsprozess auf Jahre hinaus „lahmgelegt“, weil und soweit die italienischen Gerichte ihrem Ruf gerecht werden, Gerichtsprozesse nicht allzu schnell zu betreiben, sofern sie der Kläger nicht dazu drängt.

Die Zuständigkeit italienischer Gerichte für derartige negative Feststellungsklagen stand bisher außer Frage, auch dann, wenn es beispielsweise um den nicht-italienischen Teil eines erteilten europäischen Patents ging, das im europäischen Ausland verletzt sein könnte. So bestätigte noch 2013 das italienische Kassationsgericht, dass eine solche Zuständigkeit gemäß nachfolgend zitierten Art. 5(3) der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 besteht (Urteil vom 10. Juni 2013 in der Sache 14508/2013 – The General Hospital Corporation and others v. Asclepion Laser Technologies).

“Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden: … wenn eine unerlaubte Handlung … oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.“

Mit einem jüngeren Urteil des Mailänder Landgerichts (Urteil vom 27.01.2014 in der Sache 1143/2014), in dem man sich genauer mit Art. 5(3) der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 auseinandersetzte, wurde diese zementierte Auffassung durchbrochen und die Zuständigkeit italienischer Gerichte für negative Feststellungsklagen in Bezug auf ausländische Patente bzw. nicht-italienische Teile europäischer Patente verneint. Die Begründung des Gerichts ist einleuchtend: Ausländische (nicht-italienische) Patente bzw. nicht-italienische Teile europäischer Patente entfalten als territoriale Schutzrechte ihre Wirkung nur im Ausland und können daher auch nur dort verletzt werden, d.h. es gibt keine schädigende Handlung bzw. schädigendes Ereignis („commissi delicti“) auf italienischem Territorium. Da Art. 5(3) der Verordnung ein solches schädigendes Ereignis jedoch in Italien voraussetzt, kann dieser nicht die Zuständigkeit italienischer Gerichte für negative Feststellungsklagen in Bezug auf  nicht-italienischen Patenten begründen.

Abzuwarten bleibt, ob sich die italienischen Gerichte der Sichtweise ihrer Mailänder Kollegen anschließen werden. Setzt sich die Sichtweise des Mailänder Gerichts durch, dann ist der „italienische Torpedo“ tot, was zu begrüßen ist.