Die Frage, wann der Informationsgehalt zu den Messmethoden bei Parameter-Erfindungen ausreichend ist, um dem Erfordernis der ausreichenden Offenbarung zu genügen, rückt immer häufiger in den Fokus des Europäischen Patentamts, sowohl im Erteilungs- als auch im Einspruchsverfahren (vgl. Christof Keussen, Zum Verhältnis von Art. 83 und 84 EPÜ im Einspruchsverfahren – alles klar?, GRUR 2014, 132).
Ein drastisches Beispiel aus der jüngeren Entscheidungspraxis der Beschwerdekammern des EPA dafür, wie schützenswerte und praxistaugliche Erfindungen allein wegen einer mangelnden Beschreibung der Messmethode zu einem erfindungswesentlichen Parameter zu Fall gebracht werden können, ist die Entscheidung T 602/10 vom 24. Juni 2014.
Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zu Grunde, bei dem Partikel einer erfindungsgemäßen Zusammensetzung über die Oberflächenrauhigkeit mittels Verweis auf eine geeignete Messmethode definiert wurden. Statt auf eine im Stand der Technik etablierte Messmethode zur Messung der Oberflächenrauhigkeit zurückzugreifen, wurde eine bis dato neue Messmethode angewendet und auf diese im Patentanspruch verwiesen („…the surface rugosity is ≤1.1 upon determination of the fractional dimension as described on page 14, line 15 – page 15, line 11“).
Das neue Messverfahren wurde in den erfindungsgemäßen Beispielen verwendet und war offensichtlich praxistauglich, ging aber nicht detailliert auf bestimmte Einstellungen des bei der Messung verwendeten Messgeräts und die verwendete Bildverarbeitungssoftware ein und war daher aus Sicht der Beschwerdekammer unzureichend offenbart. Das Patent wurde wegen mangelnder Offenbarung widerrufen.
Für die Praxis bedeutet dies, dass bei Parameter-Erfindungen die bei der Ermittlung der Parameter verwendeten Messmethoden „idiotensicher“ beschrieben sein sollten, d.h. der Detailierungsgrad umgekehrt proportional zu dem zu der Messmethode am Anmeldetag zur Verfügung stehenden Fachwissen ist. Vorzugsweise sollte man aus dem Stand der Technik bekannte Messverfahren und Normen heranziehen und auf diese verweisen. Lassen die aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren bzw. Normen Alternativen zu, ist die verwendete Alternative genau zu benennen. Sofern man auf neue Messverfahren zurückgreift, müssen diese so ausführlich wie möglich beschrieben werden.