Am 18. Januar 2022 hat Österreich als 13. Unterzeichnerstaat seine Ratifikationsurkunde für das Protokoll betreffend die vorläufige Anwendung des Übereinkommens über ein Einheitliches Patentgericht (EPGÜ) hinterlegt. Damit ist eine Reihe von Bestimmungen des EPGÜ vorläufig in Kraft getreten, auf deren Grundlage die Arbeitsaufnahme des Einheitspatentgerichts (EPG) vorbereitet werden kann. Insbesondere können das Ernennungsverfahren für Richter durchgeführt und eine Verfahrensordnung erlassen werden.

Das vollständige und endgültige Inkrafttreten des EPGÜ hängt von der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde Deutschlands ab, mit der zu rechnen ist, sobald sich die Arbeitsbereitschaft des EPG abzeichnet (die Urkunde für das Protokoll hatte Deutschland bereits im September 2021 hinterlegt, die für das eigentliche EPGÜ steht noch aus).

Mit dem Inkrafttreten des EPGÜ werden dann auch EU-Verordnungen anwendbar (1257/2012/EU und 1260/2012/EU), auf deren Grundlage das Europäische Patentamt (EPA) europäische Patente mit einheitlicher Wirkung erteilen kann. Diese zerfallen nicht mehr – wie bisherige europäische Patente – mit der Erteilung in ein Bündel nationaler Schutzrechte, sondern bilden ein einheitliches Schutzrecht für mehrere EU-Mitgliedstaaten (neben Deutschland z.B. Frankreich u. Italien, im Einzelnen abhängig vom weiteren Ratifizierungsprozess).

Das EPG wird dann ausschließlich zuständig sein für Verletzungs- und Nichtigkeitsverfahren betreffend sowohl diese europäischen Patente mit einheitlicher Wirkung als auch herkömmliche europäische Patente („Bündelpatente“), sofern die Inhaber dieser Bündelpatente sie nicht durch eine „Opt-Out-Erklärung“ der Zuständigkeit des EPG entziehen.

Eine solche Opt-Out-Erklärung wird aber nur dann wirksam, wenn sie in das dafür vorgesehene Register eingetragen wird, bevor eine Klage betreffend das jeweilige Patent vor dem EPG erhoben ist. Mit einer rasch erhobenen Nichtigkeitsklage lässt sich also u.U. ein Opt-Out vereiteln. Um dieser Gefahr zu begegnen, sieht der derzeitige Entwurf der Verfahrensordnung die Möglichkeit vor, Opt-Out-Erklärungen schon vor Inkrafttreten des EPGÜ abzugeben.

Deshalb empfiehlt sich für Inhaber von Bündelpatenten, von nun an Vorentscheidungen darüber zu treffen, inwieweit vorzeitige Opt-Out-Erklärungen angezeigt sind, sobald sich (nach Annahme der endgültigen Verfahrensordnung) das Zeitfenster dafür öffnet. Maßgeblich dafür sind einerseits die vom EPGÜ gebotenen Vorteile grenzüberschreitender Verletzungsklagen und andererseits möglicherweise bessere Aussichten auf nationaler Ebene zur Verteidigung des Patents gegen Nichtigkeitsklagen. Beides lässt sich kaum pauschal, sondern nur mit Blick auf die Wettbewerbs- und Rechtsbestandsituation im Einzelfall beurteilen.