Nach Art. 53 Buchst. c EPÜ sind am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommene chirurgische Behandlungsverfahren vom Patentschutz in Europa ausgenommen.

Die ursprünglich breite Definition des Begriffs „chirurgische Behandlung“, wonach jeder physische Eingriff am menschlichen oder tierischen Körper ein chirurgisches Verfahren darstellt (s. beispielsweise obiter dicta in der Entscheidung G 1/04 der Großen Beschwerdekammer des EPA), wurde durch die Entscheidung G 1/07 der Großen Beschwerdekammer des EPA vom 15. Februar 2010 deutlich eingeengt.

Gemäß der Entscheidung G 1/07 ist ein Verfahren zur chirurgischen Behandlung vom Patenschutz ausgeschlossen,

– wenn bei seiner Durchführung die Erhaltung des Lebens und der Gesundheit des Körpers von Bedeutung ist und

– wenn es einen invasiven Schritt aufweist oder umfasst, der einen erheblichen physischen Eingriff am Körper darstellt, dessen Durchführung medizinische Fachkenntnisse erfordert und der, selbst wenn er mit der erforderlichen Sorgfalt und Kompetenz ausgeführt wird, mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko verbunden ist.

Mit einfachen Worten ausgedrückt, je schwerer der Eingriff, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit das Patentierungshindernis nach Art. 53 Buchst. c EPÜ zu überwinden. Aufgabe der Rechtsprechung ist und bleibt es die Grenze zwischen einem noch patentierbaren minimalen Eingriff ohne wesentlichem Gesundheitsrisiko und einem nicht mehr patentierbaren schweren Eingriff mit erheblichem Gesundheitsrisiko auszuloten.

In der Entscheidung T 836/08 vom 12. Mai 2011 stellte das EPA unter Verweis auf die Entscheidung G 1/07 noch einmal klar, dass ein chirurgisches Verfahren jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn das beanspruchte Verfahren keinen invasiven Schritt aufweist. Durch „Ausblenden“ chirurgischer Verfahrensschritte (beispielsweise die Einführung eines Drahts in einen Knochen) brachte die Anmelderin einen Verfahrensanspruch zu Erteilung, bei dem es sich nur noch um ein rein „passives“ und nicht invasives Mess- und Auswertungsverfahren ohne Auswirkungen auf den Körper handelte.

Die Entscheidung T 836/08 ist ein gutes Bespiel dafür, dass sich durch geschickte Anspruchsformulierung die Hürde von Art. 53 Buchst. c EPÜ mit Aussicht auf Erfolg umschiffen lässt.