Nach Art. 53(c) EPÜ sind am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommene chirurgische Behandlungsverfahren vom Patentschutz in Europa ausgenommen. Gemäß der Entscheidung G 1/07 der Großen Beschwerdekammer des EPA ist ein Verfahren zur chirurgischen Behandlung vom Patenschutz ausgeschlossen, wenn

a)       bei seiner Durchführung die Erhaltung des Lebens und der Gesundheit des Körpers von Bedeutung ist und

b)      es einen invasiven Schritt aufweist oder umfasst, der einen erheblichen physischen Eingriff am Körper darstellt, dessen Durchführung medizinische Fachkenntnisse erfordert und der, selbst wenn er mit der erforderlichen Sorgfalt und Kompetenz ausgeführt wird, mit einem erheblichen Gesundheitsrisiko verbunden ist.

Werden chirurgische Schritte umfassende Verfahrensansprüche unter Art. 53(c) EPÜ beanstandet, gelingt es dem Anmelder häufig noch den Anspruch durch Streichung der problematischen chirurgischen Aspekte zu retten (s. Beitrag v. 17.6.2011). Vorraussetzung für einen solchen Rettungsversuch ist in der Regel, dass die von der Chirurgie bereinigte Ausführungsform auch in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen offenbart ist um dem Offenbarungserfordernis von Art. 123(2) EPÜ zu genügen. Andernfalls bleibt nur die von der Großen Beschwerdekammer des EPA in den Entscheidungen G 1/03 und G 2/03 aufgezeigte Lösung, den nach Art. 53(c) EPÜ von der Patentierung ausgeschlossenen Verfahrensgegenstand mittels punktgenauen Disclaimer im Anspruchswortlaut auszuschließen.

Wie schwierig es jedoch in der Praxis ist eine entsprechend geeignete Disclaimer-Formulierung zu finden, zeigt die Entscheidung der Beschwerdekammer des EPA in der Sache T 2102/12 vom 30. April 2013. Die Anmelderin versuchte ihren Verfahrensanspruch durch einen Disclaimer zu retten, dessen Wortlaut dem der „chirurgischen Behandlung“ in G 1/07 gemäß eingangs genannten Merkmalen a) und b) entsprach. Dieser aus G 1/07 entlehnte Formulierungsvorschlag der Anmelderin wurde jedoch von der Beschwerdekammer wegen mangelnder Klarheit (Art. 84 EPÜ)  zurückgewiesen. Nach Auffassung der Beschwerdekammer bleibt bei der gewählten Formulierung offen, ob tatsächlich alle in Art. 53(c) EPÜ ausgeschlossenen Verfahren von der Disclaimer-Formulierung erfasst sind, was sich aus dem Disclaimer selbst ergeben sollte.

In Ermangelung einer allgemeingültigen Musterlösung ist es damit weiterhin die Aufgabe des Anmelders bzw. seines Vertreters kreative Einzelfalllösungen zu finden um der Kollision eines Verfahrensanspruchs mit Art. 53(c) EPÜ vorzubeugen bzw. diese auszuräumen.