Bei einem Inter-partes-Verfahren wie dem Einspruchsverfahren des Europäischen Patentamts (EPA) ist der Anspruch auf rechtliches Gehör untrennbar mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung verbunden, d.h. keine der sich gegenüberstehenden Parteien darf bevorzugt werden, um „Waffengleichheit“ herzustellen.

In der Praxis kommt es vor, dass mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung im Einspruchs- oder Einspruchsbeschwerdeverfahren vor dem EPA die über das Schicksal des Streitpatents entscheidenden Hinweise gegeben werden, worauf es in den Augen des EPA bei der Entscheidungsfindung ankommt. Häufig wird daraufhin von den Beteiligten im Vorfeld der Verhandlung noch mit neuen Versuchsergebnissen nachgebessert, um die eigene Argumentation zu stärken. Dabei ist ein kritischer Faktor, dass die gegnerische Partei noch ausreichend Zeit hat, um auf diese gegebenenfalls völlig neuen Fakten und Ergebnisse zu reagieren, damit der oben genannte Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt wird. Andernfalls können die neuen Versuchsergebnisse, und seien sie auf den ersten oder zweiten Blick noch so überzeugend, nicht mehr berücksichtigt werden. Dies bekam in der jüngeren Entscheidung  T 1936/07 der Technischen Beschwerdekammer 3.3.06 vom 13. Okt 2009 die Patentinhaberin zu spüren.

Gegenstand des Streitpatents war eine Reinigungsmittelzusammensetzung, die ein Tensid- und ein Buildersystem in einem bestimmten Verhältnis umfasst, wobei der pH-Wert einer 1%-igen Lösung der Zusammensetzung 8-9,8 beträgt. Diese erfindungsgemäße Zusammensetzung unterschied sich von einer aus dem Stand der Technik bekannten Zusammensetzung im niedrigeren pH-Wert. Dass dieser niedrigere pH-Wert ausschlaggebend für eine bessere Reinigungswirkung von bestimmten Flecken war, wollte die Patentinhaberin zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit mit entsprechenden Vergleichsversuchen belegen, die sie 3 Monate nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung und 25 Tage vor der mündlichen Verhandlung im Einspruchsbeschwerdeverfahren per Fax einreichte.

Nach Auffassung der Kammer zu spät, um noch berücksichtigt zu werden, da die gegnerische Partei, d.h. die Einsprechende keine Chance mehr hatte darauf angemessen zu reagieren, beispielsweise mit eigenen Versuchen. Im Ergebnis scheiterte das Patent an fehlender erfinderischer Tätigkeit.