Die Erscheinungsform eines Erzeugnisses kann als Geschmacksmuster geschützt sein, wenn sie neu und eigenartig ist. Ob Eigenart vorliegt, ist aus Sicht des „informierten Benutzers“ zu beurteilen. Hierbei handelt es sich um eine gedachte Person, also ein Gedankenkonstrukt, mit dessen Hilfe der Prüfungsmaßstab für die Schutzfähigkeit von Geschmacksmustern festgelegt wird. Nachdem das Gemeinschaftsgeschmacksmuster im Jahr 2003 eingeführt worden war, sind Gerichte nun immer öfter mit Schutzfähigkeitsfragen befasst, so dass sie sich nun vermehrt zum „informierten Benutzer“ äußern (s. Beitrag v. 12.5.2010).

In der Sache „Shenzhen Taiden/Bosch Security Systems“ hatte das EuG nun Gelegenheit, den Begriff des „informierten Benutzers“ weiter zu konkretisieren. Es ging um einen Löschungsantrag gegen ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster betreffend eine Diskussionsanlage für Konferenzen, umfassend eine etwa rechteckige Grundplatte, ein aufklappbares Panel und ein Schwanenhalsmikrofon. Die Oberseite des Panels enthielt eine originelle Konturierung in der Grobform eines Adlers. Ein entgegen gehaltenes älteres Design umfasste die vorgenannten Merkmale, nicht aber die adlerartige Konturierung.

Letztere ließ der EuG nicht ausreichen, um Eigenart zu begründen (Urt. v. 22.6.2010 – T-153/08). Denn als „informierte Benutzer“ kämen nur diejenigen Personen in Betracht, die solche Geräte nutzen, also Konferenzteilnehmer. Diese würden die Geräte mit hochgeklappten Panels nutzen und infolgedessen die Adlerstruktur nur am Rande wahrnehmen. Danach kommt es also nicht nur auf die Person des Benutzers an, sondern darüber hinaus auch auf die Benutzungssituation.

Andererseits sei davon auszugehen, dass sich der „informierte Benutzer“ im vorbekannten Formenschatz auskenne. Der Löschungsantragsteller hatte eine Reihe älterer Designs ohne klappbare Panels vorgelegt. Daraus schloss das Gericht, dass dem „informierten Benutzer“ diese Klappbarkeit auffallen müsse. Hingegen akzeptiere es nicht das Gegenargument des Musterinhabers, dass diese Funktion von Laptops und Handys her bekannt sei. Denn anders als bei diesen portablen Geräten bestehe bei Diskussionslagen nicht das Problem, die Geräte möglichst kompakt auszuführen.

Die Entscheidung zeigt, wie wichtig die richtige Anmeldestrategie ist. Bei Geschmacksmusteranmeldungen sollten diejenigen Merkmale, die die Schutzfähigkeit tragen sollen, in der Wiedergabe in den Vordergrund rücken. Denkbar wäre das im Streitfall bei einem Muster nur für ein Panel, das mit der Adlerstruktur versehen ist.