Ob zwischen zwei Marken Verwechslungsgefahr besteht, hängt maßgeblich vom Grad ihrer Ähnlichkeit ab. Diese kann sowohl in klanglicher als auch in bildlicher und unter Umständen auch in begrifflicher Hinsicht bestehen. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die drei Ähnlichkeitsgrade zu bestimmen und zu gewichten (s. unseren Beitrag vom 31.3.2006). Besteht eines der zu vergleichenden Zeichen aus mehreren Bestandteilen, ist es nach dem EuGH-Urteil „THOMSON LIFE“ (Urt. v. 6.10.2005 – C 120/04) ferner möglich, dass einer der Bestandteile eine selbstständig kennzeichnende Stellung einnimmt und aufgrund dessen eine Ähnlichkeit allein dieses Bestandteils mit dem anderen Zeichen Verwechslungsgefahr begründet.
Der Umkehrschluss, wonach Verwechslungsgefahr zu verneinen wäre, wenn ein selbstständig kennzeichnender Markenbestandteil keine Ähnlichkeit mit dem anderen Zeichen hat, ist hingegen nicht möglich. Dies befand der EuGH in seinem Urteil vom 12. Juni 2007 (12.6.2007 – C 334/05 P – Limoncello della Costiera Amalfitana). Damit hob er eine Entscheidung der Vorinstanz auf, die Verwechslungsgefahr zwischen einem Wort-/Bildzeichen mit dem Bestandteil „Limoncello“ und einer älteren Wortmarke „LIMONCHELO“ deshalb verneint hatte, weil ersteres eine einprägsame Grafik (mit Zitronen verzierter Teller) aufwies, zu der sich kein Pendant in der jüngeren Marke fand. Der EuGH verwies auf seine ständige Rechtsprechung, wonach die Verwechslungsgefahr im Rahmen einer „umfassenden Beurteilung“ zu prüfen sei, was eine derartige Fokussierung auf einen Zeichenbestandteil ausschließt. Im Ergebnis ist das Urteil so zu verstehen, dass selbst dann, wenn eine Marke einen Bestandteil mit einer selbstständig kennzeichnenden Stellung aufweist, andere Zeichenbestandteile für sich allein dennoch Kollisionen mit anderen Kennzeichenrechten verursachen können.
Damit erschwert der EuGH die Vorhersagbarkeit markenrechtlicher Entscheidungen in Kollisionsfällen. In Deutschland hatte sich über Jahre hinweg unter dem Stichwort „Prägetheorie“ eine Praxis entwickelt, wonach immer der den Gesamteindruck eines Zeichens prägende Teil über die Frage der Kollision mit anderen Zeichen entscheidet. Eine Marke konnte also nicht gedanklich in ihre Einzelteile zerlegt werden, um mit jedem dieser Teile eine Kollisionsprüfung vorzunehmen. Auch wenn diese Handhabung nicht ohne Kritik geblieben ist, dämmte sie die mit der Beurteilung markenrechtlicher Kollisionen verbundenen Unsicherheiten doch ein gutes Stück ein. Die Tendenz des EuGH ist jedoch gegenläufig. Künftig werden verstärkt einzelne Zeichenbestandteile untereinander zu vergleichen sein.