Artikel 1 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel […] ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Wirkstoffzusammensetzung eines Arzneimittels“ eine Zusammensetzung, die aus zwei Stoffen besteht, von denen nur einer eigene arzneiliche Wirkungen für eine bestimmte Indikation besitzt und von denen der andere eine Darreichungsform des Arzneimittels ermöglicht, die für die arzneiliche Wirksamkeit des ersten Stoffes für diese Indikation notwendig ist, nicht einschließt. [Leitsatz des EuGH]

Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) ist Inhaber eines europäischen Patents, das u. a. eine Kombination eines Zytostatikums (Carmustin) mit einem polymeren Trägerstoff (Polifeprosan) beansprucht. Diese Kombination ist als Arzneimittel unter dem Namen Gliadel zur Hirntumorbehandlung zugelassen. Gliadel wird als Implantat in der Kopfhöhle eingesetzt, wo der Wirkstoff langsam aus dem Trägerstoff freigesetzt wird.

Ein Antrag des MIT auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Gliadel wurde vom Deutschen Patent- und Markenamt abgelehnt, da Carmustin selbst ein bereits seit langem zugelassener Wirkstoff sei und die Kombination von Carmustin mit Polifeprosan keine Wirkstoffzusammensetzung im Sinne der Verordnung über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel sei, da Polifeprosan nicht als Wirkstoff im Sinne der Verordnung anzusehen sei. Das Bundespatentgericht wies die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde zurück. In der Rechtsbeschwerde hat der Bundesgerichtshof dem EuGH Vorabentscheidungsfragen zur Auslegung des Begriffs „Wirkstoffzusammensetzung eines Arzneimittels“ vorgelegt.

Der EuGH hat in seiner Entscheidung festgestellt, dass ein Stoff, der keine eigene arzneiliche Wirkung entfaltet und dazu dient, eine bestimmte Darreichungsform des Arzneimittels zu erreichen, nicht unter den Begriff Wirkstoff fällt. Somit fällt eine Zusammensetzung aus zwei Stoffen, von denen nur einer eigene arzneiliche Wirkungen besitzt und von denen der andere eine Darreichungsform des Arzneimittels ermöglicht, die für die arzneiliche Wirksamkeit des ersten Stoffes für diese Indikation notwendig ist, nicht unter den Begriff „Wirkstoffzusammensetzung eines Arzneimittels“ im Sinne der Verordnung.