Mittlerweile wird Software überwiegend online vertrieben, sprich per Download angeboten, wofür der Erwerber im Wege einer Lizenz in der Regel gegen Entgelt das Recht zur Softwarenutzung erwirbt. Im Gegensatz zu einem Erwerb der Software auf einem Datenträger, der aufgrund der Erschöpfung des Verbreitungsrechts auch ohne Zustimmung des Rechtsinhabers grundsätzlich weitergegeben werden darf, sehen die Lizenzbestimmungen beim Online-Download meist vor, dass die erworbene Lizenz nicht übertragen und die heruntergeladene Software nicht weitergegeben werden darf.
In dem vom Bundesgerichtshof (BGH) vorgelegten Verfahren vor dem EuGH (Urt. v. 3.7.2012 – Rs. C-128/11 – Oracle/UsedSoft) ging es nun im Kern um die Frage, ob und inwieweit der Erschöpfungsgrundsatz auch bei Software zum Tragen kommt, die nicht auf Datenträgern in Verkehr gebracht, sondern lediglich per Download vertrieben wird. Denn eine Übertragung einer im Zusammenhang mit dem Download erworbenen Softwarelizenz unterfiel bisher nicht dem Erschöpfungsgrundsatz, so dass der Online-Vertrieb der Software für den Rechtsinhaber effektiver zu kontrollieren war.
Mit seiner jetzigen Grundsatzentscheidung dürfte der EuGH nun für einen Paradigmenwechsel beim Online-Vertrieb von Software sorgen. Denn er erkennt ausdrücklich an, dass die Weitergabe der Lizenz auch ohne Zustimmung des Rechtsinhabers zulässig ist, wenn der Erwerber die Software lediglich per Download erhält. Voraussetzung hierfür ist, dass dem Erwerber durch die Lizenz gegen Zahlung eines Entgelts, das es ermöglicht, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie entsprechende Vergütung zu erzielen, ein zeitlich unbegrenztes Nutzungsrecht an der Software eingeräumt worden ist. Dreh- und Angelpunkt der Entscheidung ist dabei die Auslegung des Begriffes „Verkauf einer Programmkopie“ des Art. 4 Abs. 2 der Computerprogrammrichtlinie (Richtlinie 2009/24/EG). Darunter sei, nach Ansicht des EuGH, nicht nur die Übertragung der Software auf einem körperlichen Datenträger, sondern auch der Download der Software gegen Entgelt, sofern deren unbefristete Nutzung durch den Lizenzvertrag vorgesehen ist, zu verstehen. Denn insoweit seien beide Vertriebswege wirtschaftlich und funktionell vergleichbar und somit im Hinblick auf die Erschöpfung des Verbreitungsrechts gleich zu behandeln. Dementsprechend erschöpfe sich das ausschließliche Recht, die Software weiterzuverbreiten auch dann, wenn diese unter den entsprechenden Bedingungen zum Download angeboten wird. Andernfalls sonst könne der Erschöpfungsgrundsatz durch die Weitergabe der Software nur per Download umgangen werden. Daneben sieht der Gerichtshof in einem erneuten Download der Software durch einen Zweiterwerber der Lizenz auch keine unzulässige Vervielfältigungshandlung. Denn hier handele es sich um eine Vervielfältigung, die erforderlich ist, damit der rechtmäßige Erwerber die Software bestimmungsgemäß benutzen kann (vgl. Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG).
Welche Möglichkeiten hat der Rechtsinhaber nun, den Softwarevertrieb per Download zu steuern? Hier verweist, der EuGH auf technische Schutzmaßnahmen wie etwa Produktschlüssel, um den Einsatz der Software zu beschränken. Diesbezüglich hatte schon vor einiger Zeit der BGH (Urt. v. 11.2.2010 – I ZR 178/08 – Half-Life 2) Möglichkeiten aufgezeigt, die Softwarenutzung mittels Online-Authentifizierung zu kontrollieren. Auch ist zu erwarten, dass sich die Lizenzbestimmungen für den Online-Vertrieb zukünftig verändern werden. Um die Wirkungen des Erschöpfungsgrundsatzes zu entgehen, könnte beispielsweise die Nutzung von Software, die online bezogen wird, nicht mehr zeitlich unbegrenzt gestattet werden.