Damit eine eingetragene Marke ihren Schutz voll entfalten kann, ist es erforderlich, dass die Marke spätestens nach fünf Jahren für diejenigen Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, tatsächlich und ernsthaft benutzt wird. Kompliziert wird es dann, wenn die benutzte Marke im Vergleich zu ihrer Eintragung im Laufe der Zeit abgewandelt wird oder durch weitere Elemente ergänzt wird. Die relevanten Vorschriften im Markenrecht sehen dazu vor, dass auch dann von einer rechtserhaltenden Benutzung auszugehen ist, wenn die Benutzung in einer Form geschieht, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne die Unterscheidungskraft der Marke zu beeinflussen (vgl. Art. 15 Abs. 1 Buchst. a) GMV, § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG).
In diesem Zusammenhang hatte der EuGH bereits vor einiger Zeit in seiner „Bainbridge“-Entscheidung (Urt. v. 13.9.2007 – C-234/06 P, Rn. 86 ; vgl. auch Beitrag v. 1.10.2007) allerdings geurteilt, dass dies dann nicht gelten soll, wenn die abweichend benutzte Markenform ebenfalls eingetragen ist. Denn die Vorschriften zur rechtserhaltenden Benutzung bei von der Eintragung abweichenden Marken erlauben es nicht, die Benutzung einer eingetragenen Marke auch auf eine eingetragene Marke, deren Benutzung nicht nachgewiesen ist, auszuweiten, auch wenn die letzte Marke nur eine leichte Abwandlung zur ersteren Marke darstelle.
Damit setzte sich der EuGH jedoch in einen gewissen Widerspruch zu den deutschen Benutzungsvorschriften, die auch dann von einer rechtserhaltenden Benutzung einer eingetragenen Marke ausgehen, wenn die abweichend benutzte Markenform ebenfalls eingetragen ist (vgl. § 26 Abs. 3 Satz 2 MarkenG). Daher war es nur eine Frage der Zeit, bis der Bundesgerichtshof die Frage der Vereinbarkeit der deutschen Benutzungsregeln mit den Vorgaben der „Bainbridge“-Rechtsprechung zur Vorabentscheidung vorlegte (BGH, Beschl. v. 17.8.2011 – I ZR 84/09 – PROTI). Im Vorlageverfahren stellte sich hier die Frage, inwieweit durch die Benutzung der Wortmarke „PROTIPLUS“ und die Wort-/Bildmarke „PROTIPOWER“ die Wortmarke „PROTI“ rechtserhaltend benutzt worden war.
Diese Vorlage hat der EuGH nunmehr mit Urteil vom 25. Okt 2012 beantwortet (Rs. C-553/11 – PROTI). Nach seiner Auffassung kann ein Markeninhaber sich auf eine rechtserhaltende Benutzung auch dann berufen, wenn diese in abweichender Form geschehe, ohne dass die Abweichungen zwischen der eingetragenen Form und der benutzten Form die Unterscheidungskraft der Marke beeinflussen. Dies gelte unabhängig davon, ob die abweichend benutzte Form selbst durch eine weitere Markeneintragung abgedeckt ist. In Abgrenzung zur zitierten „Bainbridge“-Entscheidung stellt der Gerichtshof nun klar, dass die damaligen Erwägungen lediglich im Zusammenhang mit dem Nachweis der Benutzung einer sog. Markenfamilie bzw. eines Serienzeichens (Marken mit gemeinsamen kennzeichnenden Merkmalen) zu verstehen seien. Da für den Nachweis einer solchen Markenfamilie die Benutzung der dazugehörigen Marken zwingend notwendig ist (vgl. Urt. v. 13.9.2007 – C-234/06 P, Rn. 64 f.), komme es auf die tatsächliche Benutzung jeder einzelnen Marke an, die aber nicht durch Benutzung gleichartiger Markenformen i. S. v. Art. 15 Abs. 1 Buchst. a) GMV oder § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG bewirkt werden könne.
Nach dieser Klarstellung des EuGH kann die Benutzung einer eingetragenen Marke also auch dem Rechtserhalt einer davon abweichenden eingetragenen Marke zu Gute kommen, sofern sich die Unterschiede beider Marken lediglich in leichten Abwandlungen erschöpfen. Wann allerdings diese Unterschiede die Unterscheidungskraft der Marken beeinflussen, lässt sich weiterhin nur anhand des jeweiligen konkreten Einzelfalls beantworten. Daher wird der BGH nun zu entscheiden haben, inwieweit die Abweichungen bei „PROTIPLUS“ und „PROTIPOWER“ Einfluss auf die Unterscheidungskraft des Bestandteils „PROTI“ haben. Jedenfalls bleibt nach der jetzigen EuGH-Entscheidung die Begründung einer Verwechslungsgefahr aufgrund einer Anlehnung an eine Markenfamilie problematisch. Zwar kann eine solche Markenfamilie grundsätzlich zusätzlich die Gefahr einer Verwechslung begründen, jedoch muss der Inhaber der Markenfamilie nachweisen, dass jede relevante Marke der Familie in ihrer eingetragenen Form tatsächlich auch am Markt präsent ist.