Für den urheberrechtlichen Schutz von Computerprogrammen sieht auf EU-Ebene die Urheberrechtsrichtlinie besondere Bestimmungen vor (Richtlinie Nr. 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen). Diese Richtlinie enthält eine eigene Regelung zur Dekompilierung, wonach diese zur Herstellung der Interoperabilität mit anderen Programmen auch ohne Zustimmung des Inhabers der Urheberrechte am Programm zulässig ist.
In einem dem EuGH vorgelegten Streitfall hatte der Beklagte eine Dekomplierung nicht zu diesem Zweck, sondern zur Fehlerbeseitigung vorgenommen (um einen fehlerhaft angesehenen Programmteil zu deaktivieren).
Hierzu befand der EuGH, dass eine solche Dekompilierung schon durch eine allgemeinere Ausnahmeregelung der Richtlinie gedeckt sein kann, die zwar eine Dekompilierung nicht erwähnt, nach der aber u.a. das Übersetzen eines Programms keiner Zustimmung des Rechtsinhabers bedarf, wenn dies zur bestimmungsgemäßen Programmnutzung einschließlich Fehlerbeseitigung notwendig ist (Urt. v. 6.10.2021 – C-13/20 – Top System/Belgien; das Urteil erging zu einer früheren Fassung der Richtlinie, die sich aber insoweit nicht von der aktuellen Fassung unterscheidet). Voraussetzung sei insbesondere, dass keine vertragliche Handhabe besteht, die Fehlerbeseitigung zu erreichen.
Damit ist klargestellt, dass die Herstellung einer Interoperabilität nicht der einzige Zweck ist, der zum Dekomplieren berechtigen kann.