Ob Verwechslungsgefahr zwischen zwei Marken besteht, hängt maßgeblich vom Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken ab. Diese Zeichenähnlichkeit wird üblicherweise in dreifacher Hinsicht geprüft: optisch, klanglich und begrifflich. Diese drei Ähnlichkeitsgrade können zuweilen erheblich voneinander abweichen. Zum Beispiel sind die Wortmarken „WHITE“ und „WEYDT“ klanglich als hochgradig ähnlich, optisch und begrifflich aber als deutlich unterscheidbar anzusehen. In solchen Fällen war es bislang gängige deutsche Praxis, im Regelfall eine hinreichend Ähnlichkeit in einer Wahrnehmungsform genügen zu lassen (z.B. BGH, Urt. v. 6.5.2004 – I ZR 223/01, GRUR 2004, 783, 784 – NEURO-FIBRAFLEX/NEURO-VIBOLEX).

Der Europäische Gerichtshof, der in markenrechtlichen Auslegungsfragen das letzte Wort hat, hat diese Sichtweise nun erheblich relativiert. In einem Urteil vom 23. März 2006 bestätigt der EuGH zwar, dass nicht auszuschließen sei, dass beispielsweise klangliche Ähnlichkeit allein die Verwechslungsgefahr begründen könne (C-206/04 P – SIR/ZIRH Tz. 21). Im Rahmen der erforderlichen umfassenden Beurteilung seien aber auch die anderen Ähnlichkeitsgrade mit zu würdigen. Damit billigte der EuGH die Entscheidung der Vorinstanz, die trotz klanglicher Ähnlichkeit zwischen den Marken „SIR“ und „ZIRH“ aufgrund der optischen und begrifflichen Unterschiede eine Verwechslungsgefahr verneint hatte, weil die klangliche Ähnlichkeit im Rahmen der gewöhnlichen Vertriebsweise der betroffenen Waren (Körperpflegemittel) nicht den Ausschlag gebe.

Künftig wird also bei der Beurteilung von kennzeichenrechtlichen Kollisionsfällen verstärkt auf die Art der Benutzung der jeweiligen Kennzeichen zu achten sein. Besteht nur Ähnlichkeit in einem der drei Aspekte optisch/klanglich/begrifflich, muss geprüft werden, ob dieser Aspekt in normalen Vertriebssituationen maßgeblich ist.