Um der pharmazeutischen Industrie zusätzlich Zeit für die Amortisierung der Forschungsinvestitionen auf ein patentiertes Arzneimittel zu verschaffen, steht ihr über die Patentlaufzeit hinaus das Instrument des ergänzenden Schutzzertifikats („SPC“) zur Verfügung. Vorrausetzung für die Erteilung eines SPC auf ein zugelassenes pharmazeutisches Erzeugnis ist, dass das Erzeugnis im Sinne eines Wirkstoffs oder einer Wirkstoffzusammensetzung durch ein Grundpatent geschützt [Artikel 3(a) und (b) der Verordnung (EG) 469/2009] und der Wirkstoff bzw. die Wirkstoffzusammensetzung in den Ansprüchen des Grundpatents genannt sind (vgl. EuGH-Urteil C-322/10 vom 24. November 2011).

Bisher war jedoch unklar, ob dem auch eine funktionale Definition des Wirkstoffs im Anspruch des Grundpatents gerecht wird, auf dem das SPC aufsetzen soll. Beispielhaft genannt sei der Anspruch auf einen Antikörperwirkstoff: „Isolierter Antikörper, der die Domäne X des Peptids Y“ bindet. Die Vorteile einer funktionalen Definition eines Antikörpers gegenüber einer strukturellen liegen auf der Hand: Es werden jegliche geeignete Antikörper erfasst, selbst die, die erst in Zukunft zur Verfügung stehen werden. Die Kehrseite der Medaille ist die bereits erwähnte Unsicherheit darüber, ob ein auf der funktionalen Definition des Patentanspruchs aufsetzendes SPC gewährbar ist. 

Der EuGH hat in seinem Urteil C-493/12 vom 12. Dezember 2013 klargestellt, dass es nicht zwingend erforderlich ist, den Wirkstoff in den Ansprüchen des Grundpatents mittels einer Strukturformel zu benennen. Eine funktionale Definition (z.B. gemäß oben genannten Anspruchsbeispiels, wie sie bei Europäischen Patent üblich sind) ist ebenfalls akzeptabel, sofern der Anspruch auf den fraglichen Wirkstoff zielt. 

Der ausführliche Leitsatz lautet im Einzelnen: “Article 3(a) of Regulation (EC) No 469/2009 of the European Parliament and of the Council of 6 May 2009 concerning the supplementary protection certificate for medicinal products must be interpreted as meaning that, in order for an active ingredient to be regarded as ‘protected by a basic patent in force’ within the meaning of that provision, it is not necessary for the active ingredient to be identified in the claims of the patent by a structural formula. Where the active ingredient is covered by a functional formula in the claims of a patent issued by the European Patents Office, Article 3(a) of that regulation does not, in principle, preclude the grant of a supplementary protection certificate for that active ingredient, on condition that it is possible to reach the conclusion on the basis of those claims, interpreted inter alia in the light of the description of the invention, as required by Article 69 of the Convention on the Grant of European Patents and the Protocol on the interpretation of that provision, that the claims relate, implicitly but necessarily and specifically, to the active ingredient in question, which is a matter to be determined by the referring court.”