Ein wesentlicher Vorteil von Unionsschutzrechten (insbes. Unionsmarken, Gemeinschaftsgeschmacksmustern) ist deren EU-weite einheitliche Wirkung. Dazu zählt v. a. auch, dass im Verletzungsverfahren ein Verbotstitel erwirkt werden kann, der sich auf sämtliche Mitgliedstaaten erstreckt.
Davon ist nach einer jüngst veröffentlichten Vorlageentscheidung des EuGH (Urt. v. 22.9.2016 – C-223/15 – combit) aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn zwar eine Zeichenbenutzung in einem Teil der EU zu einer Verwechslungsgefahr führt, in anderen Teilen hingegen nicht. Denn nach Ansicht des Gerichts ist die Zulässigkeit einer Zeichenbenutzung auch am Maßstab der Waren- und Dienstleistungsverkehrsfreiheit zu messen. Kommt ein Unionsmarkengericht daher zum Schluss, dass in einem Teil der EU keine Verwechslungsgefahr besteht, kann der aus der Zeichenbenutzung resultierende rechtmäßige Handel in diesem Teil der EU nicht verboten werden. Nach Auffassung des EuGH würde ein solches Verbot über das ausschließliche Recht der Unionsmarke hinausgehen, da dieses Recht dem Markeninhaber nur gestattet, seine spezifischen Interessen als solche zu schützen, d. h., sicherzustellen, dass die Marke die ihr eigenen Funktionen erfüllen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 12.4.2011 – C‑235/09 – DHL Express France).
Auch wenn es nach Ansicht des Gerichts dem Beklagten obliegt, diejenigen Tatsachen vorzutragen, die darauf schließen lassen, in welchen Teilen der EU keine Verwechslungsgefahr besteht: Will der Inhaber einer Unionsmarke in Zukunft ein EU-weites Verbot durchsetzen, bleibt ihm daher nichts anderes übrig, als die Verwechslungsgefahr in sämtlichen Mitgliedstaaten vorab zu prüfen und ggf. den Verbotsantrag auf die relevanten Mitgliedstaaten zu beschränken. Diese Frage wird sich v. a. dann stellen, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen Bestandteile enthalten, die in bestimmten Mitgliedstaaten als beschreibend verstanden werden und dadurch eine Zeichenähnlichkeit entfällt.