Mit seinem Urteil vom 14. September 2010 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Schutzfähigkeit des Legosteins als dreidimensionale Gemeinschaftsmarke  verneint (Rechtssache C-48/09 P).  Nach den absoluten Eintragungshindernissen des Art. 7(1) e) ii) der EG Verordnung Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke (Gemeinschaftsmarkenverordnung, GMV) sind Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, bestehen.  Genau dieses absolute Eintragungshindernis bestehe aber bei dem Lego-Baustein, so der EuGH.

Bei der streitigen Marke handelt es sich um den dreidimensionalen Lego-Baustein in roter Farbe, der für die Waren „Spiele, Spielzeug“ am 1. April 1996 beim HABM angemeldet wurde, welches die Marke zunächst eingetragen hat.  Auf einen Nichtigkeitsantrag eines Konkurrenten von Lego, der Mega Brands Inc. hin jedoch erklärte die Nichtigkeitsabteilung des HABM die Marke für Bauspielzeug für nichtig, da sie ausschließlich aus der Form der Ware bestehe, die zur Erreichung der technischen Wirkung erforderlich sei. Daraufhin legte die Klägerin, Lego Juris A/S, Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein, welche jedoch zurückgewiesen wurde, da das absolute Eintragungshindernis des Art. 7(1) e) ii) GMV erfüllt sei, das Zeichen also in der Tat lediglich aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, bestehe.  Die anschließende erstinstanzliche Klage von Lego vom 25. September 2006 zum EuG auf Nichtigerklärung der Beschwerdekammerentscheidung war nicht erfolgreich.

Der EuGH hat jetzt das hiergegen gerichtete Rechtsmittel Legos zum EuGH in letzter Instanz zurückgewiesen.  Die absoluten Eintragungshindernisse des Art. 7(1) GMV seien im Licht des Allgemeininteresses auszulegen. Das Art. 7(1)e)ii) GMV zugrunde liegende Interesse bestehe darin zu verhindern, dass einem Unternehmen durch das Markenrecht letztlich ein Monopol für technische Lösungen oder Gebrauchseigenschaften einer Ware eingeräumt werde, so der EuGH.  Damit werde sichergestellt, dass Unternehmen nicht das Markenrecht in Anspruch nehmen können, um ausschließliche Rechte für technische Lösungen ohne zeitliche Begrenzung auf Dauer festzuschreiben.  Denn solche technischen Lösungen seien im System der geistigen Schutzrechte in der Union nur für eine begrenzte Dauer schutzfähig (durch Patente, Gebrauchsmuster), so dass sie nach Ablauf dieser Schutzdauer von allen Wirtschaftsteilnehmern frei verwendet werden können.  Der EuGH führt weiter aus, dass alle Zeichen vom absoluten Eintragungshindernis des Art. 7(1) e) ii) GMV erfasst sind, die „ausschließlich“ aus der Form der Ware bestehen, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist.  Dies sei genau dann der Fall, wenn, wie beim Lego-Baustein, alle „wesentlichen Merkmale“ der Form der technischen Funktion entsprächen.  Damit sei dann  das Vorhandensein von nicht-wesentlichen Merkmalen ohne technische Funktion unerheblich.  Weiterhin bedeute die Vorraussetzung nach Art. 7 (1) e)ii) GMV, dass eine Form einer Ware nur dann von der Markeneintragung ausgeschlossen werden kann, wenn sie zur Erreichung der erwünschten technischen Wirkung „erforderlich“ ist, nicht, dass die betreffende Form die einzige sein muss, die die Erreichung dieser technischen Wirkung erlaube (so schon EuGH, Urt. v. 16.06.2002, C-299/99 – Philips/Remington).  Zwar kann es nach dem EuGH alternative Formen mit anderen Abmessungen oder anderer Gestaltung geben, die dieselbe technische Wirkung ermöglichen – dieser Umstand hätte jedoch nicht zur Folge, dass eine Eintragung der betreffenden Form als Marke die Verfügbarkeit der in der Form verkörperten technischen Lösung für die übrigen Wirtschaftsteilnehmer unberührt ließe.  Dies gelte besonders für den Fall der Kumulierung von Eintragungen verschiedenartiger, ausschließlich funktionaler Formen einer Ware, durch die andere Unternehmen gänzlich daran gehindert werden könnten, bestimmte Waren mit einer bestimmten technischen Funktion herzustellen und zu vertreiben.

Dem Vorbringen der Lego Juris A/S, dass die Ermittlung der wesentlichen Merkmale eines Zeichens zwingend aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise vorzunehmen sei, die möglicherweise Merkmale als nicht rein technischer Natur ansehen könnten, folgte der EuGH nicht.  Vielmehr sei die Ermittlung dieser wesentlichen Merkmale im Wege einer Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, welche durch bloße visuelle Prüfung dieses Zeichens oder aber auf der Grundlage einer eingehenden Untersuchung erfolgen könne.  Das EuG habe bei dieser Prüfung richtig festgestellt, dass das wichtigste Element des durch den Lego-Stein dargestellten Zeichens aus den beiden Reihen Vorsprüngen auf der Oberseite dieses Steins bestehe, welches sich auch in den früheren Patenten des Rechtsvorgängers der Lego Juris A/S finden würden, die diesen Elementen eine technische Wirkung zuordnen, nämlich den Zusammenbau von Spielbausteinen.  Die Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise sei in diesem Zusammenhang unerheblich und kein entscheidender Faktor bei der Anwendung des Eintragungshindernisses des Art. 7(1) e) ii) GMV.