Die 1996 eingeführte Gemeinschaftsmarke ist ein EU-weit einheitlich gültiges Schutzrecht. Die Zuständigkeit für die Verwaltung dieser Marken liegt beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM), einer EU-Behörde mit Sitz in Alicante (Spanien). Das HABM entscheidet in erster und zweiter Instanz, in letzterer durch seine Beschwerdekammern, über Anmeldungen und Widersprüche. Um strenge Neutralität gegenüber den Anmeldern und Widerspruchsführern aus den unterschiedlichen Mitgliedstaaten zu wahren, hat das HABM von Anfang an ein strenges Verfahrensregime eingeführt. Jüngere Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des Gerichts erster Instanz (EuG) in Luxemburg, die über die Rechtmäßigkeit der HABM-Praxis zu befinden haben, bestätigen diese Linie weit gehend.

Im Fall „CAPOL/ARCOL“ hatte der EuGH den Streit zwischen Beschwerdekammern des HABM zu schlichten, ob Parteivortrag, der nach Ablauf der dafür vorgesehenen Frist und insbesondere erst in der Beschwerdeinstanz eingereicht wurde, überhaupt noch berücksichtigt werden kann. Er urteilte salomonisch: Weder bestünde eine generelle Pflicht zur Berücksichtigung, noch sei solcher Vortrag zwangsläufig zurückzuweisen. Vielmehr müsse eine Ermessensentscheidung getroffen werden, in der Gesichtspunkte wie die Umstände der Verspätung, der Fortschritt des Verfahrens und die auf den ersten Blick ersichtliche („prima facie“) Relevanz des neuen Vorbringens zu berücksichtigen ist (Urt. v. 13.3.2007 – C 29/05 P). Das EuG wacht seither darüber, ob ein solches Ermessen ausgeübt wurde, macht aber keine Anstalten, die Entscheidungen der Beschwerdekammer auf korrekte Ermessensausübung zu überprüfen (z.B. EuG, Urt. v. 6.11.2007 – T 407/05 – EVIAN/REVIAN’s). Das Nachreichen von Fakten bleibt damit eine riskante Angelegenheit.

Neues Vorbringen im Klageverfahren vor dem EuG gegen eine Beschwerdekammerentscheidung ist aber in jedem Fall tabu (s. etwa EuG, Urt. v. 6.3.2003 – T-128/01 – DaimlerChrysler [Kühlergrill]; EuG, Urt. v. 3.7.2003 – T 129/01 – BUD/BUDMEN; EuG, Urt. v. 31.5.2005 – T 373/03 – Parmitalia). Wie weit das reicht, verdeutlichte das EuG jetzt in seinem Urteil „TEK“. Danach können nicht einmal bestimmte Einschränkungen des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses einer Marke, nämlich solche, bei denen Waren mit bestimmten Produktmerkmalen mit einem Disclaimer ausgeklammert werden sollen, nach Abschluss der Beschwerdekammerinstanz noch berücksichtigt werden (Urt. v. 20.11.2007 – T 458/05).

Die Benutzungseinrede ist sogar unbedingt der ersten Instanz zu erheben. Der Benutzungseinwand hat zur Folge, dass ein Widersprechender, dessen Marke vor Veröffentlichung der angegriffenen Anmeldung schon fünf Jahre eingetragen war, nachweisen muss, dass er seine Widerspruchsmarke(n) ernsthaft benutzt hat. Dies kann zuweilen eine effektive Verteidigung sein. Jedoch hat das EuG in seinem Urteil „AMS“ vom 18. Okt 2007 (T 425/03) darauf hingewiesen, dass der Einwand unbedingt schon vor der Widerspruchsabteilung erhoben werden muss. Wird erst die Beschwerdekammer damit befasst, führe das zu einer inakzeptablen „Änderung der Natur des Rechtsstreits“.

Es kommt hinzu, dass die Gewährung von Fristverlängerungen für die Einreichung von Eingaben keine Selbstverständlichkeit ist. Das bekam der Widersprechende im Fall „CORPO Livre“ zu spüren. Der EuG ließ den Hinweis des Vertreters, der Mandant sei aufgrund einer Abwesenheit der zuständigen Person noch nicht dazu gekommen, die Unterlagen für einen Benutzungsnachweis zusammenzustellen, nicht als Begründung für ein Fristgesuch ausreichen (Urt. v. 12.12.2007 – T 86/05). Das Gericht fügte noch an, dass bei nachträglich eingereichtem Benutzungsmaterial kein Ermessen eröffnet sei, so dass bei Versäumung der Frist für die Glaubhaftmachung der Benutzung die Grundsätze der „CAPOL/ARCOL“-Entscheidung nicht anwendbar sind.