Grundsätzlich gilt, dass Klarheit (Art. 84 EPÜ) in einem dem Erteilungsverfahren nachgelagerten Einspruchsverfahren kein Einspruchsgrund ist. Werden die Ansprüche jedoch im Einspruchsverfahren „geändert“, so ist ihre Vereinbarkeit mit allen Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens gemäß Art. 101(3) EPÜ zu prüfen, wobei an dieser Stelle Artikel 84 EPÜ als ein zu prüfendes Erfordernis wieder ins Spiel kommen kann.
Die Beschwerdekammer des EPA hat sich in ihrer jüngsten Entscheidung G3/14 vom 24. März 2015 auf knapp 100 Seiten ausführlich mit der bis dato uneinheitlichen Anwendungspraxis von Artikel 84 EPÜ bei Änderungen von Ansprüchen der erteilen Fassung im Einspruchsverfahren auseinandergesetzt und jetzt klare Spielregeln für alle Beteiligten eines Einspruchsverfahrens aufgestellt, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:
- Die Aufnahme eines Merkmals aus einem Unteranspruch in den übergeordneten Hauptanspruch ist keine Anspruchsänderung im Sinne von Art. 101(3) EPÜ und daher Art. 84 nicht zu prüfen.
- Weiterhin gilt, dass bei der Aufnahme von Merkmalen aus der Beschreibung die entsprechend geänderten Ansprüche auch in Bezug auf das Klarheitserfordernis nach Art. 84 EPÜ zu prüfen sind.