Wer schuldhaft fremde Markenrechte verletzt, ist dem Markeninhaber zum Schadensersatz verpflichtet (§ 14 Abs. 6 MarkenG). Die Höhe des Ersatzbetrags kann auf drei verschiedene Arten berechnet werden: 1. als entgangener Gewinn (§ 252 BGB, „konkreter Schaden“), 2. als fiktive Lizenzgebühr im Wege der Lizenzanalogie oder 3. als Verletzergewinn (s.a. unser Beitrag vom 7.4.2006). In allen drei Fällen ist der Verletzte auf eine Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlungen vom Verletzer angewiesen. Daher gewähren die Gerichte nach den Grundsätzen Treu und Glauben (§ 242 BGB) einen Auskunftsanspruch, mit dem der Verletzte vom Verletzer die erforderlichen Angaben verlangen kann (z.B. OLG München, Urt. v. 4.7.2002 – 29 U 5522/01; OLG Hamburg, Urt. v. 17.11.2005 – 3 U 126/03).

Nach der Rechtsprechung des für Markensachen zuständigen I. Zivilsenats des BGH war dieser Auskunftserteilungsanspruch allerdings auf den Zeitraum nach der ersten nachgewiesenen Verletzungshandlung beschränkt (BGH, Urt. v. 26.11.1987 – I ZR 123/85 – Gaby; Urt. v. 15.5.2003 – I ZR 214/00 – Alt Luxemburg). Für den Zeitraum davor befürchtete der Senat eine inakzeptable Ausforschung des Verletzers. Ein Markeninhaber, der vergleichsweise spät auf einen Verletzungsfall aufmerksam wurde und dem es nicht gelang, den Beginn der Verletzungshandlungen in Erfahrung zu bringen, konnte seinen Schadensersatzanspruch daher nur sehr eingeschränkt durchsetzen. Diese Rechtsprechung befand sich im Widerspruch mit der des u.a. für Patentsachen zuständigen X. Zivilsenats des BGH, der für eine solche zeitliche Begrenzung keine Veranlassung sieht (BGH, Urt. v. 25.2.1992 – X ZR 41/90 – Nicola). Obendrein hatte das Produktpirateriegesetz schon zu Beginn der 1990er Jahren selbstständige, d.h. von einem etwaigen Schadensersatzanspruch unabhängige, Auskunftsansprüche geschaffen (für das Markenrecht heute § 19 MarkenG), die ebenfalls keine zeitliche Beschränkung vorsahen. Dies führte in der Praxis zu der widersprüchlichen Situation, dass gemäß § 19 MarkenG zeitlich unbeschränkt Auskunft über die Lieferkette und die Anzahl der rechtsverletzenden Gegenstände zu erteilen waren, die weiteren, nach § 242 BGB zu machenden Angaben über Umsätze usw. aber zeitlich beschränkt werden konnten.

Diese Situation hat der I. Zivilsenat mit seinem Urteil „Windsor Estate“ vom 19. Juli 2007 (Az.: I ZR 93/04) beendet, indem er sich dem X. Zivilsenat angeschlossen hat. Damit ist erfreulicherweise ein unbefriedigendes Hemmnis bei der Durchsetzung markenrechtlicher Ansprüche beseitigt worden.

In derselben Entscheidung äußerten sich die Bundesrichter auch dazu, ob der Inhaber einer Markenlizenz einen eigenen Schadensersatzanspruch geltend machen kann. § 30 Abs. 4 MarkenG wie auch Art. 22 Abs. 4 der Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV) sprechen von einem eigenen Schaden des Lizenznehmers, der einem Verletzungsprozess des Markeninhabers beitreten kann („seines Schadens“ in § 14 Abs. 6 MarkenG bzw. noch deutlicher: „seines eigenen Schadens“ in Art. 22 Abs. 4 GMV). Auch wenn demnach dem Lizenznehmer durch Verletzung der lizenzierten Markenrechte ein Schaden entstehen kann, so verneint der BGH doch einen eigenen Anspruch. Diesen weise die maßgebliche Anspruchsgrundlage § 14 Abs. 6 MarkenG nur dem Markeninhaber zu. Dieser kann einen etwaigen Schaden des Lizenznehmers im Wege der sog. Drittschadensliquidation geltend machen.

Die Konsequenzen dieser Rechtsprechung sind gering, solange sich Lizenzgeber und Lizenznehmer über die Vorgehensweise im Verletzungsfall abstimmen. Diese Frage sollte ohnehin im Lizenzvertrag geregelt werden, da die Verteilung des Risikos von Verletzungen der Lizenzmarke naturgemäß die Höhe der Lizenzgebühren beeinflusst.