Der Schutzbereich eines Patents wird durch die Patentansprüche bestimmt [Art. 69(1) EPÜ; § 14 PatG]. Dem Patentanmelder ist daher an einer möglichst breiten Anspruchsformulierung gelegen, die üblicherweise eine Abstraktion bzw. Verallgemeinerung eines oder mehrerer konkreter erfindungsgemäßer Ausführungsbeispiele darstellt. Kritisch wird es jedoch spätestens dann, wenn der Anspruchswortlaut soweit überdehnt wird, dass ein Fachmann mit Blick auf den Anmeldetext und selbst unter Zuhilfenahme seines Fachwissens ratlos ist, wie er über die konkreten Ausführungsbeispiele hinaus die im Patentanspruch definierte Erfindung ausführen kann. Ein so überdehnter Patentanspruch steht im Widerspruch zu dem Patentierungserfordernis, wonach die patentgeschützte Erfindung so deutlich und ausführlich zu offenbaren ist, dass sie ein Fachmann ausführen kann [Art. 83 EPÜ; § 34(4) PatG]. Spätestens im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren haben Dritte die Möglichkeit insofern irrtümlich vom Patentamt erteilte Patentsprüche anzugreifen und gegebenenfalls vollumfänglich zu vernichten. An dieser Stelle sei betont, dass der Patentanspruch über seine gesamte Anspruchsbreite für den Fachmann ausführbar offenbart sein muss, d.h. die alleinige Ausführbarkeit im Kernbereich der beanspruchten Erfindung gemäß den offenbarten Ausführungsbeispielen regelmäßig nicht ausreicht. Wie überraschend schnell und unvorhersehbar Patentanmelder mit dem Einwand der mangelnden Ausführbarkeit der Erfindung über die gesamte Anspruchsbreite konfrontiert werden können zeigt die Entscheidung der Beschwerdekammer des EPA in der Sache T 1150/09 vom 14. November 2013. Patentschutz wurde zunächst seitens des EPA für die medikamentöse Verwendung eines PlGF-spezifischen Antikörpers gegen Krebs (bösartiger Tumor) gewährt. Unterlegt war die patentierte Erfindung mit erfolgreichen in-vivo Studien an Mäusen mit Tumoren, bei denen PlGF involviert ist. Die Einsprechende machte erfolgreich geltend, dass der im Anspruch verwendete generische Begriff „Krebs“ auch solche Tumore umfasst, bei denen die Expression von PlGF als Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit des spezifischen Antikörpers nicht nachweisbar ist. Der Fachmann sah sich somit mit der aus Sicht der Beschwerdekammer des EPA nicht ohne weiteres lösbaren Aufgabe konfrontiert, zunächst herauszufinden, welche Arten von Krebs zur Behandlung mit dem erfindungsgemäßen Antikörper überhaupt geeignet sind. Im Ergebnis wurde das Patent bedauerlicherweise wegen Verletzung von Artikel 83 EPÜ widerrufen. Bedauerlich deshalb, weil der Patentanmelder die Medizin um eine neue wirkungsvolle Behandlungsmöglichkeit von PlGF-involvierten Tumoren bereichert hat ohne dafür mittels Patentschutz belohnt zu werden.