Damit ein Zeichen als Marke eingetragen werden kann, muss es „Unterscheidungskraft“ besitzen (s. z.B. Beiträge v. 5.12.2007, 5.1.2010 u. 17.9.2012). Daran fehlt es einem Wortzeichen, wenn es einen „beschreibenden Begriffsinhalt“ oder einen „engen beschreibenden Bezug“ zu den Waren und/oder Dienstleistungen aufweist, für die Schutz begehrt wird (u.a. BGH, Beschl. v. 27.4.2006 – I ZB 96/05 – FUSSBALL WM 2006).

Die Beantwortung der Frage, ob für ein bestimmtes Zeichen Unterscheidungskraft vorliegt oder nicht, kann im Laufe der Zeit unterschiedlich ausfallen. Innovative Unternehmen in schnelllebigen Branchen, etwa im Technologie- oder Medienbereich, benennen neue Produkte häufig mit Wortneuschöpfungen, die auf die besonderen Eigenschaften mehr oder weniger vage anspielen. Verständlich wird der Begriff aber erst, wenn er im Markt benutzt wird. Erst dann lässt sich von einem „engen beschreibenden Bezug“ sprechen.

Deutsche Markenanmeldungen solcher Zeichen scheiterten in der Praxis häufig daran, dass den Anmeldern ihre eigenen Zeichenbenutzungen als beschreibend entgegen gehalten wurden. Denn bei der Prüfung der Unterscheidungskraft wurde bisher auf den Eintragungszeitpunkt, nicht auf den Anmeldetag abgestellt. Den dazwischen liegenden mehrmonatigen Zeitraum können viele Anmelder nicht abwarten, so dass die Markenprüfer auf das eigene Benutzungsmaterial der Anmelder (i.d.R. Internetausdrucke) zurückgriffen, um die Zurückweisung der Anmeldung zu begründen.

Diese Praxis hat der BGH jetzt beendet, indem er entschied, dass von nun an auf den Anmeldezeitpunkt abzustellen ist (Beschl. v. 18.4.2013 – I ZB 71/12 – Aus Akten werden Fakten). Unter ausdrücklicher Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung schloss er sich der europäischen Praxis an, die dies für Gemeinschaftsmarken schon immer so gehandhabt hatte.

Für diejenigen Markenanmelder, die ihre Anmeldung rechtzeitig vor Benutzungsbeginn einreichen, entfällt damit die lästige Praxis, sich mit der eigenen Zeichenbenutzung als vermeintlichem Nachweis mangelnder Unterscheidungskraft auseinandersetzen zu müssen. Eine Garantie für die Eintragung von Wortneuschöpfungen folgt daraus freilich nicht, denn unter besonderen Umständen kann auch einer im Verkehr noch nicht geläufigen Bezeichnung die Unterscheidungskraft fehlen (BGH, Beschl. v. 14.3.2002 – I ZB 16/99 – B-2 alloy). Obendrein gibt es das weitere Schutzhindernis der „Freihaltebedürftigkeit“ des Zeichens (s. z.B. Beitrag v. 31.10.2007), das anerkanntermaßen unter Umständen auch als „künftiges Freihaltebedürfnis“ der Eintragung entgegen stehen kann (EuGH, Urt. v. 12.2.2004 – C-363/99 – Postkantoor; BGH, Beschl. v. 17.7.2003 – I ZB 10/01 – Lichtenstein).