In zwei jüngeren Leitsatzentscheidungen hat der BGH seine zur Patentauslegung entwickelten Grundsätze weiterentwickelt. In beiden Fällen geht es um den Einfluss der Beschreibung auf die Reichweite des Patentschutzes.
Im Verletzungsfall „Anhängerkupplung II“ (Urt. v. 2.2.2021 – X ZR 170/18) sprach eine Definition im allgemeinen Beschreibungsteil für eine enge Auslegung eines Anspruchsmerkmals, weshalb das Berufungsgericht eine Verletzung verneint hatte. Der BGH hingegen verwies darauf, dass ein Ausführungsbeispiel dieser engen Definition nicht entspricht, und kam zum gegenteiligen Ergebnis. Selbst wenn also eine Patentbeschreibung eine allgemeine Definition für ein Merkmal enthält, kann diese immer noch durch Ausführungsbeispiele relativiert werden. Im Regelfall hat also der Grundsatz Vorrang, dass ein Auslegungsergebnis nicht im Widerspruch zu den Ausführungsbeispielen stehen sollte (vgl. BGH, Urt. v. 4.2.2010 – Xa ZR 36/08 – Gelenkanordnung)
In der Nichtigkeitssache „Schnellwechseldorn“ (Urt. v. 2.3.2021 – X ZR 17/19) erwähnte die Beschreibung des Streitpatents einen bestimmten Stand der Technik und ließ erkennen, dass diesem gegenüber mit einem bestimmten Anspruchsmerkmal eine Verbesserung erzielt werden soll. Ein solchermaßen hervorgehobenes Merkmal könne, so der BGH, im Zweifel nicht so verstanden werden, dass es sich in dem erwähnten Stand der Technik wiederfindet. Damit ergänzte der BGH seine Rechtsprechung, wonach in Fällen, in denen eine Patentbeschreibung einen Stand der Technik als dem Oberbegriff eines Patentanspruchs entsprechend erwähnt, dessen kennzeichnender Teil im Zweifel nicht auch noch so verstanden werden könne, dass dieser Stand der Technik darunter fällt (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2018 – X ZR 16/17 – Scheinwerferbelüftungssystem).