Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Äquivalenz kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine vom Wortsinn abweichende Ausführungsform dann in den Schutzbereich eines Patents einbezogen werden, wenn folgende drei Vorrausetzungen erfüllt sind: 

  • Gleichwirkung, d.h. die abweichende Ausführungsform löst  das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit abgewandelten, aber objektiv im Wesentlichen gleichwirkenden Mitteln;
  • Naheliegen, d.h. den Fachmann befähigen seine Fachkenntnisse, die abgewandelten Mittel als im Wesentlichen gleichwirkend aufzufinden; und
  • Orientierung am Patentanspruch, d.h. die Überlegungen, die der Fachmann anstellt, müssen derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht. 

Das letztgenannte Erfordernis ist nicht erfüllt, wenn ein „Verzichtssachverhalt“ vorliegt, wie im Leitsatz der „Okklusionsvorrichtung“-Entscheidung  (BGH, Urt. v. 10.5.2011 – X ZR 16/09) ausgeführt: „Offenbart die Beschreibung mehrere Möglichkeiten, wie eine bestimmte technische Wirkung herbeigeführt werden kann, ist jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden, begründet die Benutzung einer der übrigen Möglichkeiten regelmäßig keine Verletzung des Patents mit äquivalenten Mitteln.“ 

Mit einfachen Worten: Schweigt die Patentschrift zu nicht beanspruchten Austauschmitteln, kann gegen diese unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz vorgegangen werden. Spricht die Patentschrift die nicht beanspruchten Austauschmittel hingegen an, wird dies dem Patentinhaber als bewusster Verzicht auf diese unbeanspruchten Austauschmittel ausgelegt, hätte er doch andernfalls eine geeignetere (schutzbereichsbreitere) Anspruchsformulierung wählen können. 

In einer jüngeren Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 7. November 2013 (Az.: 2 U 29/12) wurde klargestellt, dass ein solcher „Verzichtssachverhalt“ zwecks Verneinung einer äquivalenten Patentverletzung jedoch nur dann vorliegt, wenn die Patenschrift selbst erkennen lässt, dass der Anmelder auf die Einbeziehung des Austauschmittels in den Schutzumfang der Patentansprüche verzichtet hat. Erwähnt die Patentschrift das Austauschmittel lediglich in einem anderen Zusammenhang in der Patentschrift, reicht dies  für die Verneinung einer äquivalenten Patentbenutzung nicht aus, selbst dann nicht, wenn das an anderer Stelle beschriebene Austauschmittel auf der Hand lag und auch dem Anmelder nicht verborgen geblieben sein kann.