In europaweit ausgetragenen Patentverletzungsstreitigkeiten erfreut sich der „italienische Torpedo“ immer wieder großer Beliebtheit. Dabei handelt es sich um eine von einem vermeintlichen Patentverletzer in Italien angestrengte Klage, mit der er die Feststellung durch das italienische Gericht begehrt, dass er ein bestimmtes ausländisches Patent nicht verletze (negative Feststellungsklage). Ruft dann der Gegner seinerseits in dem Land, in dem das Patent Gültigkeit hat, ein Verletzungsgericht an, ist diese Verletzungsklage nach der Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 44/2001) auszusetzen. Damit ist der Verletzungsprozess auf Jahre hinaus „lahmgelegt“, weil und soweit die italienischen Gerichte ihrem Ruf gerecht werden, Gerichtsprozesse nicht allzu schnell zu betreiben, sofern sie der Kläger nicht dazu drängt. Auf die Zulässigkeit und Begründetheit der italienischen Klage kommt es dabei nicht an.
Bei alledem ist wichtig, dass der italienische Torpedo dem italienischen Gericht vorliegt, bevor der Gegner seine Verletzungsklage eingereicht hat. Eine Partei, die sich durch drei europäische Patentanmeldungen in Gefahr wähnte, wollte nun besonders schnell sein und reichte ihre negative Feststellungsklage bereits während des Patenterteilungsverfahrens beim Tribunale di Milano ein. Der denkbar breite Klageantrag denkbar breit dahin, dass keine ihrer „Aktivitäten“ in Belgien, Frankreich, Italien, Deutschland, den Niederlanden und Spanien das Patent und daraus abgeleitete Schutzrechte verletzen würden.
Mit diesem Torpedo setzte man sich dann gegen eine später beim Landgericht Düsseldorf eingereichte Verletzungsklage zur Wehr. Diese Verletzungsklage war auf deutsche Teile von europäischen Patenten gestützt worden, die auf Teilanmeldungen erteilt wurden, deren Stammanmeldung in der Mailänder Klageschrift genannt war.
Indessen wiesen Landgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf dieses Aussetzungsbegehren zurück. Die vom OLG Düsseldorf angegebene Begründung geht im Kern dahin, dass dann, wenn das Mailänder Gericht zeitnah nach Einreichung der Klage – also noch vor Patenterteilung – darüber entschieden hätte, dies keine Entscheidung über die Verletzung erteilter Patente hätte sein können. Also könne der italienische Prozessgegenstand nicht derselbe sein, um den es in Düsseldorf geht, nämlich die Verletzung – erteilter – Patente. Daran ändere sich auch dadurch nichts, dass das italienische Verfahren sich bis über die Patenterteilung hinaus verzögert, zumal die Feststellungsklage danach nicht auf diesen Umstand angepasst worden war. Nach den „Vorfahrtsregeln“ der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 sei daher eine Aussetzung des Düsseldorfer Verletzungsverfahrens nicht geboten (Beschl. v. 20.7.2009 – I-2 W 35/09).
Die Begründung hebt also nicht darauf ab, dass die Düsseldorfer Klageschutzrechte nicht ausdrücklich im italienischen Verfahren genannt waren. Sie geht generell dahin, dass ein italienischer Torpedo nicht vor der Patenterteilung gezündet werden kann, was natürlich zu begrüßen ist.