Im Absatzwettbewerb ergeben sich zugkräftige Verkaufsargumente der besonderen Art zuweilen daraus, dass man Konkurrenzprodukte dem Verdacht der Schutzrechtsverletzung aussetzt. Am deutlichsten geschieht das durch eine „Abnehmerverwarnung“, mit der Unterlassungsansprüche gegenüber dem Kunden des Wettbewerbers geltend gemacht werden. Werden hierbei allerdings relevante Punkte verschwiegen, kann sich eine solche Abmahnung als unzulässig erweisen (s. Beitrag v. 1.12.2008). Aber auch ein weniger scharfes Hinweisschreiben kann rechtswidrig sein, und zwar schon dann, wenn es die Schutzrechtslage nicht unbedingt falsch, aber zu pauschal darstellt (s. Beitrag v. 26.8.2009).
Die Grenze zwischen zulässigen und unzulässigen Äußerungen verläuft auf einem schmalen Grat, wie ein aktuelles Urteil des OLG Düsseldorf zeigt. Darin ging es um eine E-Mail eines Softwareanbieters an einen von ihn umworbenen Kaufinteressenten, in der von einer „klaren Linie“ des Gesetzgebers die Rede war, wonach die Weitergabe von Software ohne Genehmigung des Rechteinhabers unzulässig sei. Dies spielte natürlich auf ein Konkurrenzprodukt an und verschwieg, dass es im Fall der Erschöpfung keiner Genehmigung bedarf (zur Erschöpfung s. Beitrag v. 6.11.2009). Damit war die Aussage für sich genommen pauschal und missverständlich genug, um die Konkurrenzsoftware – möglicherweise unberechtigt – zu diskreditieren.
Dennoch wies das OLG den Verfügungsantrag des solchermaßen einer Rechtsverletzung geziehenen Wettbewerbers zurück, ohne der Frage nachzugehen, ob in seinem Fall Erschöpfung in Betracht kam und somit die Aussage nur falsch verstanden werden konnte (Urt. v. 1.9.2009 -I -20 U 89/09). Es liege weder eine unwahre Tatsachenbehauptung noch eine Verunglimpfung oder eine Irreführung vor, sondern nur eine „massive“ und „pointierte“ Äußerung einer Rechtsansicht. Hierbei ging das Gericht davon aus, dass die Aussage über die (angeblich) „klare Linie“ im Rahmen einer bereits mit dem Kunden entbrannten Diskussion über die Zulässigkeit es Erwerbs gebrauchter Software-Lizenzen fiel. Dieser Bezug zu einer bereits laufenden Diskussion war für das Gericht entscheidend. Es ließ ausdrücklich offen, ob seine Beurteilung derselben Aussage ohne einen solchen Bezug anders zu beurteilen wäre.
Damit hat das OLG Düsseldorf die Gefahr erkannt, dass Schutzrechtsfragen bei solchen Verhandlungen möglicherweise gar nicht mehr zur Sprache kommen würden, wenn jede einzelne Aussage auf die Waagschale der Zulässigkeit geworfen würde. Gewiss ist es sinnvoll, reine Werbebehauptungen strenger zu beurteilen als einzelne Meinungsäußerungen im Rahmen einer bereits laufenden Diskussion über Rechtsfragen.