Patentrechtliche Verletzungsstreitigkeiten werden normalerweise außergerichtlich mit einer Abmahnung eingeleitet. Eine solche Schutzrechtsverwarnung ist für den Abmahner nicht ohne Risiko. Ist sie unberechtigt, kann dies eine Haftung des Abmahnenden wegen eines „Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ des Abgemahnten auslösen (§ 823 BGB). Dies bekräftigte der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs in einem Beschluss vom 15. Juli 2005 (Az.: GSZ 1/04). Dabei hob er besonders auf die Konstellation einer „Abnehmerverwarnung“ ab, bei der die Abmahnung bewusst gegenüber einem gewerblichen Kunden des Mitbewerbers ausgesprochen wird. Bei den Kunden ist das Interesse an einer Rechtsverteidigung weit weniger ausgeprägt als beim eigentlich betroffenen Lieferanten, so dass die Abmahnung für diesen besonders gefährlich ist.

Mit einer solchen Abnehmerverwarnung hatte es nun das OLG Düsseldorf zu tun. Darin ging es um ein Patent auf eine Antennenanordnung für Satellitenempfang. In ihrer darauf gestützten Abmahnung behaupteten die Anwälte der Schutzrechtsinhaberin, „nach ihrer Ansicht“ umfasse der Schutzbereich auch einen Betriebsmodus mit mehreren Empfangskonvertern (Multifeed-Modus). Die Anwälte verschwiegen jedoch, dass zwei Urteile des Landgerichts Mannheim vorlagen, nach denen jener Multifeed-Modus gerade nicht vom Patentschutz erfasst wurde.

Bereits aufgrund des Verschweigens der Mannheimer Urteile hielt das OLG Düsseldorf die Abmahnung für rechtswidrig. Es sei „eine unerlässliche Obliegenheit des Abmahnenden, dass er dem verwarnten Abnehmer bereits ergangene Gerichtsentscheidungen über den Abmahnungsgegenstand, auch und gerade wenn sie ihm nachteilig sind, nicht vorenthält, sondern offenbart“ (Urt. v. 19.6.2008 – I-2 U 95/07 – Multifeed-Antenne II). Dabei half der Patentinhaberin auch nicht, dass die Anwälte mit der Formulierung „nach ihrer Ansicht“ zu erkennen gaben, dass sie ihre subjektive Sicht zum Ausdruck brachten und nicht die Rechtslage objektiv darstellten. Da sich das Unterlassungsverlangen eindeutig auch auf den Multifeed-Betrieb bezog, lag eine Abmahnung und nicht lediglich eine – ggf. weniger haftungsträchtige – Meinungsäußerung vor.

Die Strenge des Oberlandesgerichts wird den ohnehin zu beobachtenden Trend, in Patentverletzungsklagen vermehrt ohne Abmahnung einzureichen, vermutlich weiter verstärken. Denn für den Verletzungsprozess selbst gelten derartige Haftungsregeln nicht, wie der BGH in o.g. Beschluss ausdrücklich hervorhob. Wer seine Kundenbeziehungen vor unberechtigten Angriffen aus Patentrechten schützen möchten, sollte also sich und seine Kunden weiterhin über die Patentsituation in seiner Branche einschließlich laufender Streitigkeiten zwischen Wettbewerbern so weit wie möglich informiert halten. Ohnedies kann sich im Ernstfall nur auf das Düsseldorfer Urteil berufen, wer die verschwiegenen Gerichtsentscheidungen auch benennen kann.