Wer sich in Deutschland gegen eine Patentverletzungsklage mit dem Einwand zur Wehr setzen möchte, das Klagepatent sei nicht schutzfähig, muss dazu Einspruch einlegen oder eine Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht anstrengen. Denn das deutsche Patentverfahrensrecht sieht für den Streit um die Patentverletzung und den um die Patentfähigkeit verschiedene Verfahrensarten mit jeweils eigenen Instanzenzügen vor. Dabei kann es vorkommen, das Verletzungsverfahren vor dem Einspruchs- bzw. Nichtigkeitsverfahren abgeschlossen wird. Der Verletzungsbeklagte kann also rechtskräftig verurteilt worden sein, obwohl noch die Möglichkeit besteht, dass sich das Klagepatent als schutzunwürdig erweist und rückwirkend wirkungslos wird.

Für diese Fälle ist anerkannt, dass der Verletzungsbeklagte mit einer Restitutionsklage eine Aufhebung des rechtskräftigen Verletzungsurteils erreichen kann. Allerdings muss dieses Wiederaufnahmeverfahren binnen eines Monats ab Kenntnis von der Rechtskraft der Entscheidung im Einspruchs- bzw. Nichtigkeitsverfahren eingeleitet werden.

Das OLG Düsseldorf hatte nun über einen Fall zu befinden (Urt. v. 26.3.2009 – 2 U 41/08 – Tintenflüssigkeitsbehälter), in dem eine Technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) die vorausgegangene Einspruchsentscheidung aufgehoben und die Sache an die Einspruchsabteilung als Vorinstanz mit der Maßgabe zurückverwiesen hatte, das Streitpatent in erheblich eingeschränkter Fassung aufrecht zu halten. Mit Blick auf diesen Teilwiderruf wurde Restitutionsklage eingereicht, allerdings drei Monate nach Verkündung der Beschwerdekammerentscheidung, gegen die dann auch noch ein Antrag auf Überprüfung durch die Große Beschwerdekammer des EPA gemäß Art. 112a des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) anhängig war.

Bei der Frage, ob die Monatsfrist eingehalten ist, hatte das OLG Düsseldorf eine Reihe von Fragen zu beantworten:

  1. Ist die Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer der Abschluss des Einspruchsverfahrens, obwohl die Kammer das Verfahren an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen hatte? – Das OLG Düsseldorf bejahte dies, denn nach dem Verfahrensrecht des EPÜ hatte die Einspruchsabteilung nur noch Formalien abzuwickeln und nicht erneut in eine Prüfung der Schutzfähigkeit einzutreten, nachdem die Kammer die zu erteilende Fassung vorgegeben hatte.
  2. Kann von Rechtskraft der Beschwerdekammerentscheidung gesprochen werden, obwohl noch das Überprüfungsverfahren läuft? – Auch dies wurde vom OLG bejaht. Denn der Überprüfungsantrag schiebe die Rechtskraft nicht hinaus, sondern führe – im Erfolgsfall – zur Durchbrechung der Rechtskraft des Entscheids der Technischen Beschwerdekammer. Damit sieht das OLG Düsseldorf das mit dem EPÜ 2000 (s. Beitrag v. 28.08.2007) neu eingeführte Überprüfungsverfahren vor der Großen Beschwerdekammer ebenfalls als ein Wiederaufnahmeverfahren an.
  3. Tritt die Rechtskraft mit Verkündung der Entscheidung der Beschwerdekammer ein oder erst mit der Zustellung der Entscheidung in Schriftform? – Diese Frage stellt sich bei Teilvernichtungen von Patenten deshalb, weil die Begründungserwägungen der teilvernichtenden Entscheidung Auslegungsmittel für die Bestimmung des Schutzbereichs des Patents sein können. Erst bei Vorliegen der Begründung können sich die Beteiligten also ein Bild über den Schutzumfang machen und beurteilen, ob eine Restitutionsklage angezeigt ist. Im Streitfall jedoch hielt das OLG Düsseldorf die Verkündung der Entscheidung für maßgeblich, da die verkündete Entscheidung auch Änderungen von Beschreibung und Zeichnungen, also der eigentlichen Auslegungsmittel, vorgab. In diesem Fall sei, so das OLG, die schriftliche Entscheidung kein Auslegungsmittel mehr.
  4. Genügt die Kenntnis der beteiligten Anwälte im Beschwerdeverfahren vor dem EPA, um die Wiederaufnahmefrist in Gang zu setzen? – Auch dies bejahte das OLG. Die an der mündlichen Verhandlung beim EPA beteiligten Anwälte müssen ihren Mandanten also zügig von der verkündeten Entscheidung informieren, damit zeitig über die Erhebung der Restitutionsklage entschieden werden kann.

Alles in allem legt das OLG Düsseldorf also eher strenge Maßstäbe an. Der frühest mögliche Zeitpunkt, zu dem der Teilwiderruf feststeht, ist entscheidend.