Im vergangenen Jahr legten die beiden für den gewerblichen Rechtsschutz zuständigen BGH-Senate ihren jahrelangen Streit darüber bei, ob ein Schutzrechtsverletzer auch Auskunft über Verletzungshandlungen zu erteilen habe, die zeitlich vor derjenigen liegen, die der Kläger im Rechtsstreit vorgetragen hat. Der I. Zivilsenat schloss sich der Rechtsprechung des X. Zivilsenats an, wonach es keine zeitliche Beschränkung in dieser Hinsicht gibt (s. Beitrag v. 28.8.2007).
Einer der maßgeblichen Beweggründe für diesen Schwenk des I. Zivilsenats war, dass die im Jahr 1990 durch das Produktpirateriegesetz gesetzlich normierten Drittauskunftsansprüche (z.B. § 19 MarkenG) keine zeitliche Beschränkung vorsehen. Diese Ansprüche erstrecken sich auch auf Herstellungs- und Bestellmengen. Eine zeitliche Begrenzung sonstiger Auskunftspflichten erschien damit systemwidrig.
Für das Wettbewerbsrecht trifft dieses Hauptargument jedoch nicht zu, denn das Produktpirateriegesetz ließ insoweit den Gesetzestext unangetastet (die ihm zugrunde liegende Produktpiraterierichtlinie der EG bezog sich nur auf geistiges Eigentum, nicht auf das Wettbewerbsrecht). Tatsächlich ist im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bis heute kein Auskunftsanspruch normiert. Die Rechtsprechung leitet solche Ansprüche aus dem Bürgerlichen Recht her (§§ 242, 249 BGB, s. z.B. BGH, Urt. v. 19.3.1987 – I ZR 98/85 – Briefentwürfe; LG Oldenburg, Urt. v. 31.1.1996 – 5 O 3578/93 – Subventions-Analyse-System). Somit ist offen, ob der in diesem Bereich ebenfalls zuständige I. Zivilsenat auch hier seine Rechtsprechung anpassen wird.
Für den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz, der als Teil des Wettbewerbsrechts außerhalb des geistigen Eigentums gegen Produktnachahmungen schützt (§ 4 Nr. 9 UWG, s. z.B. Beitrag v. 22.10.2007), hat das OLG Köln den Schwenk nun nachvollzogen (Urt. v. 9.11.2007 – 6 U 9/07). Es gewährt den Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch also ohne Beschränkung auf den Zeitraum ab erster nachgewiesener Verletzungshandlung. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen, so dass wohl bis auf weiteres offen bleiben wird, ob diese Handhabung allgemeingültig ist.
Interessant ist nun, ob die neue Rechtsprechung auch Eingang ins sonstige Wettbewerbsrecht findet, etwa bei Äußerungstatbeständen wie Irreführung (§ 5 UWG) oder vergleichender Werbung (§ 6 UWG).