Internet-Tauschbörsen sind ein steter Quell von Streitigkeiten um urheberrechtliche Haftungsfragen. Nach deutschem Recht ist das Hochladen einer Datei mit urheberrechtlich geschütztem Inhalt auf den Server eines Tauschdienstes zwar eine Vervielfältigungshandlung, die vom Grundsatz her der Zustimmung des Urhebers bedarf (§ 16 UrhG). Ausnahmsweise sind Vervielfältigungen aber auch ohne Einwilligung des Rechteinhabers erlaubt, wenn es um „einzelne Vervielfältigungsstücke zum privaten Gebrauch“ geht (sog. Privatkopie, § 53 UrhG). Unter Hinweis darauf entziehen sich Sharehoster nur allzu gern ihrer Verantwortung. Denn es könne ja sein, dass der uploadende User nur von seinem „Recht auf Privatkopie“ Gebrauch machen wolle. Solange der Link auf die hochgeladene Datei auch nicht allgemein bekannt ist, fehlt es auch an ein einer öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG), die der Ausnahmetatbestand der Privatkopie nicht mehr erfassen würde. Um ein öffentliches Zugänglichmachen zu vermeiden, listet der Dienstbetreiber die hochgeladenen Dateien nicht in eigenen Verzeichnissen, sondern beschränkt sich darauf, dem Uploader einen Link darauf zuzusenden. Was der damit tut, liegt dann nicht mehr in der Macht des Sharehosters.

Nun wundert es nicht, dass solche Links, zumal solche auf urheberrechtlich geschützte Inhalte, nur zu leicht ihren Weg in die Öffentlichkeit finden. Meist geschieht dies über Linklisten (sog. Link-Resources) auf anonym betriebenen Websites. Der Nachweis einer organisatorischen Verbindung mit dem Sharehoster ist praktisch unmöglich, so dass dieser weiter seine Hände in „urheberrechtlicher Unschuld“ zu waschen versucht.

In den Sachverhalten zweier Urteile des OLG Köln vom 21. September 2007 ging es jeweils um diese Situation. Dabei fanden sich die strittigen Musikdateien trotz Verletzungshinweises und Abmahnung wieder in einer einschlägigen Download-Link-Ressource. Das OLG befand, dass die belangten Sharehoster für Verweise von konkreten Linksammlungen, auf die die Rechteinhaber sie hingewiesen hatten, zu überprüfen hätten, ließ sie aber im Übrigen ungeschoren davonkommen (Az.: 6 U 86/07 und 6 U 100/07).

In seiner Begründung verwies das Gericht zunächst darauf, dass sich die in Anspruch genommenen Diensteanbieter gegenüber den geltend gemachten Unterlassungsansprüchen nicht auf die Haftungsprivilegierungen des Telemediengesetz (TMG) berufen könnten. Daran führte auch kein weg vorbei, denn nachdem der BGH bereits für das alte Teledienstegesetz (TDG) befunden hatte, dass die darin vorgesehenen Haftungsprivilegien nicht für Unterlassungsansprüche gelten (Urt. v. 11.3.2004 – I ZR 304/01 – Internet-Versteigerung I), hat er dies inzwischen auch für das TMG ausgesprochen (Urt. v. 19.4.2007 – I ZR 35/04 – Internet-Versteigerung II), welches das TDG mit Wirkung vom 1. März 2007 ablöste. Das in § 10 Nr. 2 TMG vorgesehene Notice and Take-Down-Verfahren befreit also nicht von der Unterlassungshaftung (ähnlich in den USA, wo 17 U.S.C. 512 ebenfalls Unterlassungspflichten des Service Providers neben der Notice and Take-Down-Procedure kennt).

Da den Sharehostern keine vorsätzliche Mitwirkung an den Urheberrechtsverletzungen nachzuweisen war, hafteten sie nicht selbst als Urheberrechtsverletzer. Da sie aber durch Bereitstellung der technischen Plattformen „adäquat kausal“ zu den Urheberrechtsverletzungen ihrer User beitrugen, kam eine „Störerhaftung“ in Betracht. Dieser Haftung sind Internet-Dienstleister ständig ausgesetzt, wenn sie ihren Nutzern ein Foren bieten, in dem sie geistige Eigentumsrechte Dritter verletzen können (zur markenrechtlichen Störerhaftung von eBay s. den Beitrag vom 27.6.2007; zur Störerhaftung eines Forenbetreibers für ein von einem Teilnehmer unerlaubt ins Forum gestelltes Lichtbild s. LG Hamburg, Urt. v. 24.8.2007, Az.: 308 O 245/07).

Die Störerhaftung beinhaltet allerdings nicht, dass ein Dienstanbieter sein problematisches Angebot insgesamt abzuschalten hätte. Vielmehr bestehen „zumutbare Prüfungspflichten“, um Rechtsverletzungen möglichst zu vermeiden. Wie weit die reichen, ist die Kernfrage der Störerhaftung in Internet-Fällen. Die Kölner Urteile gehen im Ansatz von erhöhten Prüfungspflichten aus, nachdem die Diensteanbieter schon auf die Rechtsverletzungen hingewiesen worden waren. Das Gericht differenzierte dann zwischen technischen und manuellen Prüfungsmöglichkeiten. In technischer Hinsicht befasste es sich mit dem möglichen Einsatz von Filtersoftware, wobei es zwischen der Filterung beim Up- und beim Download unterschied. Filterprogramme zur Prüfung hochgeladener Dateien hielt das Gericht nicht für zweckdienlich. Denn der Upload als solcher könnte von § 53 UrhG gedeckt sein, was ein Filterprogramm nicht feststellen könne. Ein Filtern beim Herunterladen hielt das Gericht, dem Vortrag der Parteien folgend, für technisch unmöglich. Übrig blieb somit eine manuelle Kontrolle. Angesichts der dreistelligen Zahl von Linksammlungen, die auf die betroffenen Tauschdienste verwiesen, seien aber nicht mehr als Kontrollen der konkret betroffenen Link-Resources zumutbar. Da die nicht erfolgt waren, griffen insoweit beschränkte Unterlassungsansprüche durch.

Damit dürften die Rechteinhaber einen klassischen Pyrrhus-Sieg errungen haben. Wenn sich die Verantwortung eines Tauschbörsenbetreibers darauf beschränkt, auf einen Hinweis hin eine bestimmte Link-Resource überprüfen zu müssen, wird der Schutz des geistigen Eigentums ausgehöhlt.

Sehr zweifelhaft ist, ob Tauschdienstbetreiber unter dem Gesichtspunkt der hypothetischen Privatkopie von einer Pflicht zum Einsatz von Filterprogrammen entbunden werden können. Eine Internet-Tauschbörse ist ein reichlich unorthodoxes Medium, um Privatkopien anzufertigen. Wenn den der Betreiber seinen Dienst zu diesem außergewöhnlichen Zweck anbieten möchte, so wäre bei Dateien, die ein Filter als urheberrechtlich geschützt erkannt hat, das Mindeste eine Begrenzung auf sieben Downloads gewesen. Denn mehr Privatkopien lässt die Rechtsprechung in keinem Fall zu (BGH, Urt. v. 14.4.1978 – I ZR 111/76 – Vervielfältigungsstücke). Noch weitaus wirksamer – und keineswegs unzumutbar – wäre, den User beim Hochladen angeben zu lassen, ob dieses im Rahmen des § 53 UrhG erfolgt. Tut er das nicht, kann die Filtersoftware uneingeschränkt zum Einsatz kommen. Möchte ein Nutzer hingegen über die Tauschbörse eine Privatkopie anfertigen, kann einem öffentlichen Zugänglichmachen dadurch begegnet werden, dass nach dem Upload statt eines ständigen Links deren sieben vergeben werden, von denen jeder nur einmal nutzbar ist. Eine Veröffentlichung solcher Links wäre praktisch sinnlos.

Auch in Bezug auf die manuellen Kontrollen ist die Großzügigkeit des OLG Köln kaum nachzuvollziehen. Dass die hohe Zahl an Link-Resources den Diensteanbieter auf Kosten der Geschädigten entlasten soll, ist kaum verständlich. Eine große Zahl an Links auf Dateien des Dienstes spricht für ein hohes Nutzungsvolumen. Mit dem Volumen muss aber auch der zumutbare Prüfungsaufwand wachsen und nicht umgekehrt. Auch ist es bei Verwendung von Suchmaschinen nicht allzu schwer, eine große Zahl an Link-Listen zu überwachen. Denkbar ist auch der Einsatz von Suchrobotern zum Aufspüren unerlaubter Links, so dass eine manuelle Tätigkeit u.U. nicht einmal erforderlich wäre.

Der BGH hat in seinem am 12. Juli 2007 verkündeten Urteil „Jugendgefährdende Medien bei eBay“ Verkehrspflichten für Internet-Dienstleister mit deutlich strengeren Maßstäben aufgestellt (Az.: I ZR 18/04). Dabei ging es zwar um UWG-Verstöße, doch dürften die Grundsätze auf Verletzungen von Rechten am geistigen Eigentum übertragbar sein. Danach löst ein Hinweis auf ein rechtsverletzendes Angebot eines Nutzers Prüfungspflichten in zweifacher Richtung aus: Erstens hat der Diensteanbieter fortan zu prüfen, ob andere User dieselben rechtswidrigen Angebote bereithalten, und zweitens, ob derselbe User mit anderen, aber gleichartigen und damit rechtsverletzenden Angeboten erneut aufwartet. Die vom OLG Köln vorgenommene Beschränkung auf bestimmte Linksammlungen bleibt weit dahinter zurück.

Die BGH-Entscheidung „Jugendgefährdende Medien bei eBay“ ist aber auch deshalb von Interesse, weil danach die Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten keine Störer-, sondern eine Täterhaftung auslöst. Dies hat zur Folge, dass der nachlässig prüfende Dienstleister nicht nur auf Unterlassung, sondern auch auf Schadensersatz haften kann. Wenn das, wofür einiges spricht, auf das Recht des geistigen Eigentums übertragen wird, wird dessen Schutz im Internet ein ganzes Stück wirksamer.